Würzburger Stadtderby. WFV gegen Kickers. Blau gegen Rot. Seit vergangener Saison gibt es das prestigeträchtige Duell wieder auf Ligaebene. Zwar messen sich die Zellerauer „nur“ mit der U23 des Stadtrivalen, dennoch bewegte die Partie auch jüngst die Massen. Kamen zur ersten Begegnung an der Mainaustraße im Vorjahr knapp 2000 Zuschauer, waren es diesmal immer rund 700 Anhänger, vorwiegend natürlich Fans der Hausherren, spielte doch zeitgleich am Dallenberg die Drittligamannschaft der Rothosen. Dennoch herrschte in der altehrwürdigen Sepp-Endres-Sportanlage enthusiastische Derbyatmosphäre, was natürlich auch am Höhenflug der Elf von Marc Reitmaier lag. Denn die Blauen sind in dieser Saison zu Hause noch unbesiegt und mussten nur einmal überhaupt auf heimischem Feld die Punkte teilen. Zudem hat sich der WFV in der Tabellenspitze der Bayernliga festgesetzt und liefert sich mit der Viktoria aus Aschaffenburg und dem SC Eltersdorf ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen. Davon können die jungen Rothosen hingegen aktuell nur träumen. Zwar ist auch die Mannschaft von Christian Demirtas sehr heimstark, ließ in dieser Saison aber zumeist auswärts unnötige Punkte liegen. Dennoch wollten die Kickers dem Stadtrivalen gehörig in die Titelkampf-Suppe spucken. Dafür setzte der Ex-Profi auf bewährtes Personal. Nur sein Spielsystem richtete er defensiver aus als sonst. Auf der anderen Seite begann der frühere Kickers-Spieler Stefan Wasser anstelle von David Drösler in der Innenverteidigung und Reitmaier setzte erwartungsgemäß auf seine treffsichere Offensive.
WFV- Verteidiger Marc Hänschke stoppt Ferdinand Seiferts Vorstoß.
Alexander Rausch
Satte 35 Treffer durften die Blauen zu Hause bereits bejubeln. Weitere sollten nun gegen den ungeliebten Nachbarn folgen. Doch die Gastgeber begannen ungewohnt zurückhaltend. Auch die jungen Rothosen trauten sich zu Spielbeginn nur selten aus der eigenen Hälfte. Sicherung des eigenen Tores war in den ersten Minuten Trumpf. Es war deutlich zu spüren, dass keiner einen Fehler machen wollte. Dieser Lethargie versuchte erstmals Sebastian Fries zu entfliehen, doch sein Schuss stellte FWK-Schlussmann Jan Nirsberger nicht auf die Probe (11.). Doch nur vier Minuten später musste der Routinier sein ganzes Können aufbieten. Patrick Hofmann war Ali Koller enteilt, aber Nirsberger blieb lange stehen und verhinderte den frühen Rückstand (15.). Ein wirklicher Weckruf für ein weiterhin tempoarmes Derby war aber auch diese Chance nicht. Zwar waren die Blauen das aktivere Team, zündende Ideen fehlten aber, was allerdings auch an der konzentrierten Abwehrarbeit der Roten lag, die die gefürchtete WFV-Offensive nicht zum Zug kommen ließen. Auch Wojtek Droszcz frühe Auswechslung mussten die Gastgeber erstmal verdauen. Dennoch hatte erneut Patrick Hofmann, der diesmal von halblinks frei vor Nirsberger auftauchte, die Chance zur Führung. Allerdings blieb wiederholt der Schlussmann, auf den der WFV-Flügelspieler auflief, Sieger (36.). Mehr war von den Hausherren vor der Pause nicht zu sehen. Von den Rothosen jedoch noch weniger. Lediglich Moritz Lotzens Freistoß aus 20 Metern, der links am Tor vorbeiging, versprühte einen Hauch von Gefahr. Damit blieb die erste Hälfte torlos und erfüllte mitnichten die Erwartungen der Zuschauer.
Freude pur: Nach dem Führungstreffer brechen bei Spielern und Fans erstmals alle Dämme.
Alexander Rausch
Das sollte sich aber nach dem Seitenwechsel ändern. Denn besonders die Gastgeber kamen merklich gewillter aus der Kabine und Cristian Dan setzte nach Adrian Istrefis Freistoß gleich das erste Ausrufezeichen (46.). Erneut Dan setzte nur zwei Minuten später eine Hereingabe Marc Häntschkes vorbei. Der WFV war präsenter, aggressiver in den Zweikämpfen und lauffreudiger. Aber auch die Gäste wurden plötzlich brandgefährlich. Nach einem Freistoß Dennis Schmitt aus dem Halbfeld stieg Ali Koller am höchsten, sein Querpass fand jedoch keinen Abnehmer (51.). Es hätte der Knackpunkt zugunsten der Rothosen sein können. Aber der WFV gewann nun mehr und mehr die Spielkontrolle und blieb gefährlich. Dennie Michel wurde zweimal in letzter Sekunde gestoppt. Die Demirtas-Elf setzte nahezu nur noch auf Konter. Nach einem Foul an Leonard Langhans trat Dennis Schmitt den fälligen Freistoß aus 25 Metern über den Querbalken (66.). Kurz darauf schloss Pascal Jeni überhastet ab, so dass sein Abschluss zu einer besseren Rückgabe mutierte. Wie in den Vorwochen spielten die jungen Rothosen ihre wenigen Möglichkeiten nicht konsequent zu Ende oder ließen die nötige Kaltschnäuzigkeit vermissen. So fiel der Treffer nach 69 Minuten auf der anderen Seite. Benjamin Schömig eroberte das Leder gegen Ioannis Kiakos an der Mittellinie, wurde von Dennie Michel auf die Reise geschickt und brachte das Leder scharf vor das FWK-Gehäuse. Eigentlich wäre Ali Koller zur Stelle gewesen, doch das Leder rutschte ihm über dem Schlappen und ins eigene Tor. Der Torbann war gebrochen und der Abfall der Anspannung bei den Gastgebern war spürbar. Und der Jubel war noch nicht verhallt – die jungen Kickers wirkten sichtlich beeindruckt, unterlief Nicolay Kutzop der nächste folgenschwere Fehler. Der Abwehrspieler spielte, von Dennie Michel unter Druck gesetzt, einen zu kurzen Rückpass auf Jan Nirsberger. Michel ging dazwischen, umkurvte den Schlussmann und schob das Leder ins leere Tor. Binnen zwei Minuten hatten die Blauen das Derby für sich entschieden. Doch die Reitmaier-Elf blieb mit dem Fuß auf dem Gaspedal und brachte die FWK-Abwehr ein ums andere Mal in Verlegenheit. So auch nach 82 Minuten, als Dennie Michel nach einem Fehlpass in der Gästedefensive Sebastian Fries auf die Reise schickte und Josef Burghard den ehemaligen Kickers-Akteur nur noch mit einem Griff ans Trikot stoppen konnte. Schiedsrichter Manuel Steigerwald schickte den 19-Jährigen zurecht mit glatt Rot vorzeitig zum Duschen. Den fälligen Freistoß jagte Adrian Istrefi in den Fangzaun. Am Ausgang der Partie sollte dieser Fehlschuss freilich nichts mehr ändern. Die Kickers hatten sich mit der Niederlage abgefunden und die Heimelf spielte den Erfolg souverän nach Hause.
WFV-Angreifer Patrick Hofmann, der in der ersten Hälfte bereits zweimal die Führung auf dem Fuß hatte, schüttelt Kickers-Linksverteidiger Ferdinand Seifert ab.
Alexander Rausch
Hatten die Fans bereits während der Schlussphase erste „Derbysieger, Derbysieger“-Sprechchöre angestimmt, kannte der Jubel nach Schlusspfiff keine Grenzen. Ausgelassen feierten die Blauen den verdienten Sieg gegen den Stadrivalen. Besonders im zweiten Durchgang war die Reitmaier-Elf bissiger und gewillter als die Rothosen, die offensiv kaum einen Fuß in die Tür beziehungsweise eine Chance gefährlich vor das WFV-Gehäuse brachten. Dementsprechend enttäuscht zeigte sich FWK-Cheftrainer Christian Demirtas hernach auch auf der Pressekonferenz, zeigte sich aber als fairer Verlierer. Auch mit dem elften Rang als Zwischenresultat kann der Übungsleiter nicht zufrieden sein. Reitmaier hingegen war die Freude ins Gesicht geschrieben. Er sprach seiner Truppe, die damit auf Platz drei überwintert, ein großes Kompliment aus für den letzten Kraftakt des Jahres 2017.
Spielbericht eingestellt am 27.11.2017 00:12 Uhr