Krisengipfel unter Flutlicht: Mit dem TSV Neudrossenfeld und der SpVgg Selbitz trafen am Freitagabend zwei Teams aufeinander, die im bisherigen Saisonverlauf weit hinter ihren Ambitionen zurückblieben. Weitere Brisanz zog die Partie aus der Vergangenheit, schließlich traf man zuletzt in der Relegation zur Bayernliga im Juni aufeinander. Damals behielten die Selbitzer die Oberhand und besiegelten den Abstieg des TSV Neudrossenfeld aus der Bayernliga. Zudem streiften Ermer und Widmaier auf Selbitzer Seite sowie Neudrossenfelds Zapf bereits das Trikot der gegnerischen Seite über. Auch TSV-Trainer Werner Thomas hat eine Selbitzer Vergangenheit, vor sieben Jahren war er im Frankenwald als Trainer tätig. Einer seiner Schützlinge damals: Gästetrainer Markus Häßler.
Die Selbitzer Mauer ahnt nicht, was kommt: Der folgende Freistoß führt zum 1:0 für die Heimmannschaft.
Christian von Aufsess
In der Anfangsphase merkte man beiden Teams an, dass es mit dem Selbstvertrauen nach den schwierigen letzten Wochen nicht so weit her ist. Man spielte verhalten, Fehler wurden tunlichst vermieden. Doch während die Heimmannschaft versuchte, die Kontrolle über das Spiel zu gewinnen, agierten die Gäste passiver und lauerten auf Konter über ihre schnellen Offensivakteure. Erst Mitte der ersten Halbzeit nahm die Partie Fahrt auf. Die erste Großchance bot sich Diwersi, der frei vor Möschwitzer an dessen starker Reaktion scheiterte. Auf der Gegenseite vergab Eibl die große Gelegenheit auf den Führungstreffer, als er einen Abstauber aus spitzem Winkel – Grüner hatte einen Flachschuss vorbildlich zur Seite abgewehrt – verstolperte. In der Folge wirkten die Selbitzer griffiger und gefährlicher, die Neudrossenfelder begannen, mit sich selbst zu hadern. Doch im Gegensatz zu den vergangenen Wochen war der Thomas-Elf dieses Mal das Glück hold. Eine Freistoßflanke von Bargenda wollte Gästetorwart Möschwitzer klären, sein Rettungsversuch ging jedoch schief und der Ball landete vor den Füßen von Diwersi, der den Ball nur noch über die Linie drücken musste. Wie befreiend wirkte das Führungstor auf die Heimmannschaft, die vor der Halbzeitpause sogar nachlegen konnte: Diwersi schickte Meyer, der Lattermann am Strafraumeck in Szene setzte. Der Ex-Altstädter legte sich den Ball zurecht und knallte ihn sehenswert und unhaltbar zum vielumjubelten 2:0 unter die Latte.
Bei der Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte agierte Stefan Ermer erst souverän, am Ende musste er mit Gelb-Rot vom Platz.
Christian von Aufsess
Wer gedacht hatte, dass die Selbitzer in der zweiten Hälfte den Spieß umdrehen würden, sah sich schnell getäuscht. Die Neudrossenfelder präsentierten sich vom Wiederanpfiff weg als geschlossene Einheit und kauften dem Gast aus dem Frankenwald sofort den Schneid ab. Nachdem es im Selbitzer Strafraum bereits mehrmals lichterloh gebrannt hatte, gelang der Heimmannschaft die Vorentscheidung: Der entschlossen agierende Kapitän Lämmert flankte butterweich an den ersten Pfosten, wo Diwersi den Ball ins lange Eck verlängerte. Die letzten Zweifler überzeugte nur vier Minuten später Lattermann, der von Innenverteidiger Taubenreuther nach einem Solo herrlich freigespielt wurde und Möschwitzer im zweiten Versuch überwand. Daraufhin war die Moral der Gäste gebrochen, man brachte kaum mehr einen Pass an den Mann und kam zu spät in die Zweikämpfe. Der Rest des Spiels ist daher schnell erzählt: Einen berechtigten Handelfmeter, den Kapitän Keilwerth verursacht hatte, verwandelte Meyer sicher. Mit dem schönsten Tor des Tages machte Lattermann das halbe Dutzend voll. Aus gut 30 Metern zog der Mittelfeldspieler ab, der Ball flog über Möschwitzer hinweg in die Maschen. Endgültig krönen konnte Lattermann seine Leistung in der Schlussminute, als ihm die Kugel nach mehreren Rettungsaktionen der Gäste auf der Linie vor die Füße fiel und er kompromisslos abschloss. Der unrühmliche Höhepunkt des Selbitzer Offenbarungseids in der zweiten Halbzeit war die Grätsche Ermers mit beiden Beinen voraus gegen Meyer. Der Innenverteidiger, der sichtlich geschockt war über sein überhartes Einsteigen und sich bei seinem ehemaligen Mitspieler sofort entschuldigte, ging mit Gelb-Rot vorzeitig duschen. Der TSV-Außenstürmer musste ausgewechselt werden und wurde nach Schlusspfiff mit der Trage vom Sportplatz transportiert. anpfiff.info wünscht an dieser Stelle gute Besserung!
Mit diesem enorm wichtigen Sieg kletterten die Neudrossenfelder direkt um fünf Plätze nach vorne. Der Bayernliga-Absteiger zeigte seine bisher beste Saisonleistung und stellte eindrucksvoll unter Beweis, über welch qualitativ hochwertigen Kader er immer noch verfügt. Trainer Werner Thomas dürfte vor allem die mannschaftliche Geschlossenheit seiner Elf gefallen haben, die selbst nach dem dritten oder vierten Tor nicht locker ließ. Für die Selbitzer war die 0:7-Packung dagegen ein herber Rückschlag, nachdem man sich mit vier Punkten aus den zwei Spielen zuvor wieder gefangen zu haben schien. Auf Trainer Markus Häßler dürfte daher wohl viel Analyse- und Aufbauarbeit zukommen.
Spielbericht eingestellt am 16.10.2015 23:36 Uhr