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Artikel veröffentlicht am 11.04.2024 um 11:30 Uhr
Amateurfußball als großer Verlierer:
Wenn ein Kreisliga-Spiel zur Farce verkommt
Ein Sieg trennt den SV Raitersaich aktuell vom rettenden Ufer in der Kreisliga Frankenhöhe, nüchtern betrachtet könnte dieser am Sonntag im tabellarisch wichtigen Heimspiel und Kellerduell gegen die SG Mosbach/Breitenau gelingen. Dabei konnte man offiziell am vergangenen Freitag in Markt Weiltingen nur sieben Spieler aufbieten, für ein Spiel, das keines war und nur Verlierer produzierte.
Von
Marco Galuska
anpfiff.info
Gerade einmal drei Jahre ist es her, als der Amateurfußball am Tropf hing und sich von Woche zu Woche an neuen Wasserstandsmeldungen, genauer gesagt die gültige Infektionsschutzmaßnahmenverordnung der Bayerischen Landesregierung, klammerte. Jeder Nebensatz wurde genaustens seziert, kontaktloses Training in Mini-Gruppen mit ausgeklügelten und laufend überarbeiteten Hygienekonzepten wurden zum Methadonprogramm derer, die am Sportplatz groß geworden sind und feststellen mussten, dass sie ihre Abhängigkeit vom Ball nicht mehr einfach so losbekommen würden.
Von Bundesliga bis B-Klasse hatte man sich kurzzeitig geschworen, die Zwangspause zur Reflexionszwecken zu nutzen. Vieles sollte besser werden, wenn dann die Politik die Ampel für den Mannschaftssport doch endlich wieder auf Grün schalten würde. In der Bundesliga war der Vorsatz schnell verblüht, die Zeit zum Innehalten vielleicht einfach auch zu knapp bemessen. Im Amateurfußball galt nach dem Ränkespiel um den Nicht-, Vielleicht- und schließlich Doch-Abbruch der Saison weitläufig die Meinung, dass man einfach wieder froh und dankbar darüber sein darf, dass überhaupt mal wieder gespielt wird. Der mit dem Fallschirm von rechtssicheren Abbruchszenarien gestartete Spielbetrieb kam wieder ins Rollen.
Spätestens mit Ablauf der vergangenen Saison war vieles irgendwie doch so wie es früher war. Außer natürlich, dass früher erfahrungsgemäß alles besser war: Die Einstellung zum Fußball, die Leistungsfähigkeit der Spieler, die Hallenrunde, der Pokalwettbewerb - zumindest in der Erinnerung waren das früher absolute Blockbuster im Auge der Betrachter, die ja bekanntlich immer weniger werden, seit Premiere World damals angefangen hat, die abendliche Sportschau an den Rande der wachsenden Live- und Streamer-Gesellschaft zu drängen. Ein paar Sachen waren früher wohl doch schlechter; die Ausrüstung und bestimmt auch die Plätze, die es dafür weniger zu schonen galt, weil man genügsamer war und manch Kicker auch auf holprigem Untergrund noch nicht vor dem runden Spielgerät kapitulieren musste.
Das Wetter am 22. März 2024 war eigentlich genauso, dass man zum Start ins Wochenende nach einer doch recht langen Winterpause mal wieder an den Sportplatz gehen hätte können. Das tat man auch an einigen Orten in Mittelfranken. Beim TV Markt Weiltingen hatte man die Spielabsage an jenem Tag exklusiv. Das Nachholspiel gegen den SV Raitersaich, um das es schon im November, bei tatsächlich indiskutablen Wetterverhältnissen, hinter den Kulissen skurrile Diskussionen gab, wurde auch im dritten Anlauf nicht gespielt. Raitersaichs Trainer Uwe Neunsinger verfasste nach der Absage aus sprichwörtlich heiterem Himmel über seinen privaten Instagram-Account eine Botschaft, die Markt Weiltingen und Kreisspielleiter Thomas Raßbach inzwischen zur Anzeige gebracht haben.
So weit, so schlecht. Da Raßbach offenkundig am längeren Hebel sitzt, war die Retourkutsche eine Frage der Zeit. Die Neuansetzung erfolgte zur späten Abendstunde am Ostermontag, an dem die Raitersaicher gerade erst ihren Doppelspieltag brav mit ihrem Pokalspiel absolviert hatten, im treuen Glauben, dass die nächste Aufgabe erst am Sonntag in Weigenheim warten würde. Doch schon am folgenden Freitagabend sollte um 18 Uhr, im vierten Anlauf, der Ball in Weiltingen endlich rollen. Raßbach tauschte das Heimrecht nicht, weil die ersten beiden Absagen keine Ausnahme waren und nicht als einmaliger "Freischuss" gelten. Dass nicht alle Spieler des SV Raitersaich an jedem späten Freitagnachmittag des Jahres zur Verfügung stehen würden, liegt auf der Hand. Offiziell hatte die vierte Spielansetzung der Partie jedoch zur Folge, dass der SV Raitersaich nur noch sieben Spieler für den aus ihrer Sicht maximal schlechtesten Termin auswärts aufbieten konnte. Dass sich dann einer davon alsbald im Laufe der ersten Halbzeit verletzen würde, war freilich keine Überraschung mehr.
Rein faktisch betrachtet wird es einen 2:0-Sieg für Markt Weiltingen am Grünen Tisch geben. Raitersaich entgeht durch den Antritt (respektive Kurzauftritt), zumindest den Konsequenzen eines Nichtantritts, der bei Punktgleichheit im direkten Vergleich negativ den Ausschlag geben würde.
Offen ausgesprochen gibt es aber nur Verlierer! Raßbach und Neunsinger, der schon auf früherer Trainerstation mit dem Kreisspielleiter aneinandergeraten war, haben es nicht geschafft, die Kreise ihrer persönlichen Fehde zum Ende ihrer jeweiligen Amtszeit zumindest noch so zu minimieren, dass letztlich ein Fußballspiel in der Kreisliga an Stelle einer kompletten Farce stattfindet. Der TV Markt Weiltingen, der offenbar mit einer besonderen Vorsicht schon im November gegenüber Neunsinger und Raitersaich (warum das so ist, wäre Teil der jeweiligen Selbstreflexion) agierte, bekommt einen Sieg geschenkt, den man mit einer wenig redlichen Absage zwei Wochen zuvor schon ein Stück weit selbst eingeleitet hatte. 50 Zuschauer, bestimmt auch das Schiedsrichtergespann, und alle, die für den Sport ihre Freizeit in Anspruch nehmen, dürften sich am vergangenen Freitag so hintergangen gefühlt haben wie die beiden Funktionäre aus Raitersaich, die sich exakt zwei Wochen zuvor schon auf den weiten Weg nach Weiltingen gemacht hatten, um dort genau das festzustellen, was eigentlich jeder, der eine gewisse Zeit im Amateurfußball dabei ist, schon erahnen konnte und Neunsinger in eigenen Worten auch verfasst hatte. Verloren hat weiter die Kreisliga, das einst mit Stolz betrachtete Kreisoberhaus, generell aber der Amateurfußball, wenn sich ein derart unsägliches Schauspiel ausbreitet und denjenigen Futter liefert, für die der Gang zum Sportplatz keine Alternative mehr ist.
Ein Verbesserungsvorschlag an die Verbandszentrale am Rande: Eine Anpassung der Spielordnung, wonach jede Sportgerichtswertung einen Nachteil im direkten Vergleich bringt, könnte der "Startsieben mit absehbarer Verletzung" Einhalt gebieten. Ein Tipp an alle, denen es noch um den Amateurfußball geht: Denkt nur mal drei Jahre zurück!
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Tabelle Kreisliga Frankenhöhe
Pl.
Team
Sp
Tore
Pkt
1
TSC Neuendettelsau
21
51:11
58
2
SV Arberg
21
54:24
46
3
FC/DJK Burgoberbach
19
58:23
39
4
SV Weigenheim
21
43:24
37
5
VfB Schillingsfürst
20
42:34
35
6
Segringen/TSV D'bühl
20
37:37
32
7
TV Markt Weiltingen
20
51:45
32
8
TSV Marktbergel
(N)
20
41:34
31
9
SV Ornbau
20
47:42
27
10
FC Dombühl
(A)
20
17:38
20
11
Mosbach/Breitenau
(N)
20
33:52
18
12
Sachsen/Windsbach
(N)
20
23:35
17
13
SV Raitersaich
19
18:34
16
14
TSG Geslau-Buch
19
19:43
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Burgoberbach
-
Geslau-Buch
3:1
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Markt-Erlbach
-
Neuendettelsau
1:2
Ornbau
-
Dombühl
3:0
Sachsen/W'bach
-
Weigenheim
1:0
Schillingsfürst
-
Arberg
3:3
Burgoberbach
-
Weiltingen
2:3
Geslau-Buch
-
Segr./TSV D'bü.
2:3
Raitersaich
-
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