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Artikel veröffentlicht am 04.03.2025 um 10:00 Uhr
U23-Regelung im Blick: Punktabzug aufgehoben, aber Streit geht weiter
Der TSV Schwaben Augsburg verstieß mehrfach gegen die U23-Regel der Regionalliga Bayern – aus Unwissenheit, nicht aus Absicht. Nach Punktabzug und Widerspruch hob das Verbandssportgericht das Urteil auf, doch der Fall ist noch nicht abgeschlossen. Nun steht die Regel selbst auf dem juristischen Prüfstand: Verstößt sie gegen europäisches Recht? Das Urteil könnte weitreichende Folgen für den Fußball haben.
Von Dirk Meier
Der TSV Schwaben Augsburg, Neuling in der Regionalliga Bayern, hat über Monate hinweg mehrfach gegen die in der Spielordnung verankerte U23-Regelung verstoßen. Wohl mehr aus Unwissenheit, als mit Vorsatz. Dazu hatte das Sportgericht Bayern, nachdem der Fall aufgedeckt wurde, im Dezember 2024 ein Urteil gesprochen und Punktabzug gegen die Schwaben verhängt. Es geht dabei um vier Siege, die in Niederlagen umgewandelt werden sollten.

Die Augsburger haben daraufhin Widerspruch eingelegt, der beim Verbandssportgericht verhandelt worden ist und da kam es Ende Februar 2025 zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteilsspruches. Doch damit ist das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch längst nicht gesprochen, Einsprüche vor Zivilgerichten drohen, die Liga hängt mit ihren 18 Vereinen derzeit in der Luft.


Die Schwabenritter können jubeln und dürfen im Moment ihre Punkte behalten.
Alexander Rausch

Mindestens vier deutsche U23-Spieler auf dem Bogen

Die U23-Regel besagt, dass Amateurvereine in jedem Spiel vier U23-Spieler, die für die deutsche Nationalmannschaft spielberechtigt wären, auf dem Spielberichtsbogen stehen haben muss. Sie müssen aber nicht zwingend eingesetzt werden. Diese Vorschrift haben die Augsburger mehrfach nicht eingehalten. Betroffen waren die gewonnenen Spiele gegen die Vereine FC Eintracht Bamberg (2:0), 1. FC Schweinfurt 05 (2:1), Türkgücü München (3:1) und Wacker Burghausen (3:2). Es geht für die Schwabenritter also um zwölf Punkte und betroffen ist die Tabellenspitze mit Schweinfurt, also das Titelrennen, wie auch der Abstiegskampf. Die Augsburger kämpfen somit vor Gericht auch um ihren eigenen Klassenerhalt.

Im Mittelpunkt des Verfahrens steht die U23-Regelung

Die Augsburger hatten sich nach dem ersten Urteil Rechtsbeistand bei der renommierten Sportrechtskanzlei Schickhardt aus Ludwigsburg geholt, die den Einspruch formuliert hat. Denn in diesem Fall geht es um mehr als nur um einen simplen Regelverstoß. Es steht die Frage im Raum, ob diese Regelung nach europäischem Recht überhaupt zulässig ist, oder ob sie, wie die Kanzlei Schickhardt behauptet, der Arbeitnehmerfreizügigkeit entgegensteht. Das Verbandssportgericht des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) hat daher nun erst einmal das Urteil der ersten Instanz aufgehoben. Das bedeutet aber nicht, dass es dabei bleibt. Denn es geht darum, die Fakten zu bewerten, was in einer nächsten Instanz, dann aber vor einem ordentlichen Gericht, erfolgen könnte, wenn denn Betroffene Einspruch einlegen und gegen die zweite Entscheidung Widerspruch einlegen.


Der Nürnberger Sportrechtsanwalt Felix Steinbach ist nicht überrascht, dass die U23-Regelung einer Prüfung unterzogen wird.
privat

Technische Mängel: Keine automatische Fehlererkennung

Übrigens: Um diesen Fehler von Vereinsseite zu vermeiden, müsste die Software für Spielberichte den Fehler aufdecken, das ist aber nicht der Fall. Der Nürnberger Rechtsanwalt Felix Steinbach mit dem Fachgebiet Sportrecht äußert sich zu diesem Fall wie folgt: „Es überrascht aus sportjuristischer Sicht nicht wirklich, dass die U23-Regeln durch die Gerichte zur Überprüfung gestellt werden und dabei möglicherweise herauskommt, dass diese gegen europäisches Kartellrecht verstoßen. Die Regeln des Sportes werden seit Jahren vermehrt über das europäische Kartellrecht angegriffen. Zu Nachwuchsregeln gab es erst im Dezember 2023 eine Entscheidung rund um Royal Antwerpen durch den EuGH, aber auch die 50+1-Regel ist ein aktueller Dauerbrenner, wenn es um europäisches Kartellrecht geht. Hintergrund ist dabei immer die Überlegung, dass die Verbände als Monopolisten in der jeweiligen Sportart Regeln setzen, die die wirtschaftliche Dimension und den Wettbewerb im europäischen Binnenmarkt beeinflussen. Eigentlich fast alle Aspekte des Sports, wie Spielertransfers, Sponsoring, Ticketverkäufe oder Medienrechte, sind wirtschaftliche Aktivitäten, die den Markt betreffen. Und der Binnenmarkt der EU basiert auf den Grundsätzen von freier Konkurrenz, freier Dienstleistungsfreiheit und freier Arbeitnehmerfreizügigkeit. Diese Grundfreiheiten dürfen nicht durch Sportregeln -noch dazu von Monopolisten- unverhältnismäßig eingeschränkt werden. Daher sind mittlerweile eigentlich alle Regeln des Sports auf den juristischen Prüfstand gestellt. Die Fragen sind dann in der Regel immer welches legitime Ziel hat die Regel, die überprüft wird. Ist die Regel geeignet und notwendig, um dieses Ziel zu erreichen? Und, ist die Einschränkung verhältnismäßig? Sehr vereinfacht gesprochen, wird immer die wettbewerbliche Einschränkung durch eine Sportregel auf die jeweilige Verhältnismäßigkeit überprüft. Die Rechtsprechung des EuGH hat sich hier zuletzt zwar etwas verändert, aber ich gehe insgesamt davon aus, dass das europäische Kartellrecht auch weiterhin ein Dauerbrenner bleibt und sich Verbände weiterhin kritisch mit den eigenen Regeln auseinandersetzen müssen. Die Verbände sind Teil unseres Rechtssystems und genießen sicherlich einige Privilegien. Sie müssen sich aber dennoch an die wichtigsten Rechtsgrundsätze halten und werden ihre Regeln daher immer wieder juristisch prüfen und gegebenenfalls anpassen müssen.

Europäisches Recht und die möglichen Folgen

Inzwischen wird aber schon wieder gespielt und die 18 Klubs der Regionalliga Bayern wissen immer noch nicht, ob Schwaben Augsburg die zwölf Punkte behalten darf, oder ob diese noch abgezogen werden. Es herrscht also in allen Teilen des Freistaates große Ungewissheit, weil Meisterschaft und Abstiegskampf davon abhängen. Weiter könnte sich daraus ergeben, dass ähnliche Regelungen in anderen Sportarten und anderen europäischen Ländern, zudem in Deutschland auch für die vier anderen Fußball-Regionalligen und die 3. Liga, nicht haltbar sind.

Die Regionalliga-Amateur-Vereine jedenfalls mussten bei ihrer Kaderplanung berücksichtigen, dass sie genügend Spieler unter 23 Jahren im Kader haben, um die U23-Regel der BFV-Spielordnung zu erfüllen. Unverständlich wäre es für viele, wenn der Verstoß von Schwaben Augsburg ungeahndet bliebe. Andererseits ist zu klären, ob der BFV seit Jahren eine Vorschrift in seiner Spielordnung verankert hat, die nach europäischer Rechtsprechung nicht haltbar ist. Dann muss der BFV seine Vorgaben an die Vereine schleunigst überarbeiten und die aktuelle Rechtsprechung anpassen.

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Tabelle Regionalliga Bayern

Pl.
Team
Sp
Tore
Pkt
2
23
36:18
45
4
23
35:19
44
6
23
44:32
39
9
23
34:32
29
10
23
37:43
29
12
21
27:39
26
14
23
42:44
25
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