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Artikel veröffentlicht am 17.06.2011 um 16:00 Uhr
Deutsche Meisterschaft des DBS in Bayreuth: Der Mann für die wichtigen Momente
Mario Herrmannsdörfer hat es geschafft. Am Pfingstwochenende sicherte sich der Trainer der Bayerischen Auswahl für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung bei der Deutschen Meisterschaft in Bayreuth erstmals den Titel. Zum „Matchwinner“ wurde dabei ein Mann, der im Normfall in der Kreisklasse 1 Coburg oder der A-Klasse 1 Coburg dem runden Leder nachjagt.
Von Marco Heumann
Fünf Spiele und ein Tor in der Ersten, 14 und vier Treffer in der Zweiten – so ganz zufrieden dürfte Tobias Lesch mit seiner Saisonbilanz beim SV Hut Coburg nicht sein. Der 21-Jährige strebt nach mehr, wäre gern Stammspieler im Kreisklassen-Team von Lars Scheler. Ob er das schaffen kann? Zumindest eines hat er seinen Kameraden seit dem letzten Wochenende voraus.

Deutscher Meister von der Hut

Tobias Lesch ist Deutscher Meister. Bei den Titelkämpfen der Auswahlteams der Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung, die in Bayreuth ausgetragen wurden, setzte sich der 21-Jährige als einziger Oberfranke in der Bayernauswahl im Endspiel gegen das zuletzt zweimal erfolgreiche Team aus Nordrhein-Westfalen durch. „Ein solcher Erfolg, noch dazu, wenn er gegen den alten Erzrivalen errungen wurde, schmeckt natürlich besonders süß“, freut sich auch Mario Herrmannsdörfer über den Triumph.
Der 30-Jährige, einst beim VfL Frohnlach und beim SV Memmelsdorf in der Bayernliga am Ball und aktuell Spielertrainer des FC Oberhaid, ist seit 2006 gemeinsam mit Burkhard Wagner Coach der Bayernauswahl des Deutschen Behinderten Sportverbands (DBS). „Eigentlich sind die Nordrhein-Westfalen übermächtig. Sie haben ein Leistungszentrum, in dem die Spieler dreimal in der Woche gemeinsam trainieren.“ Paradiesische Zustände, von denen Mario Herrmannsdörfer nur träumen kann. Meist sieht er seine Spieler nur dreimal im Jahr. Ein starkes Team – das nach zwei zweiten Plätzen diesmal den Titel gewann –  hat er dennoch geformt.
Tobias Lesch spielt in dieser Mannschaft eine nicht unerhebliche Rolle. „Er ist ein wichtiger Mann in der Innenverteidigung oder im defensiven Mittelfeld“, lobt der Trainer den großgewachsenen 21-Jährigen. Vor allem im Kopfball und in Sachen Technik kann Tobias Lesch immer wieder seine Vorzüge ausspielen. „Er hat auch taktisches Verständnis und kann unser 4-3-3-System optimal umsetzen.“ Entdeckt hat ihn Mario Herrmannsdörfer vor zwei Jahren bei einem Hallenturnier in Kulmbach, an dem Tobias Lesch mit seiner Mannschaft von der Werkstatt für Behinderte (Wefa) teilnahm. Seitdem ging es für Defensivspieler steil bergauf. „Er hatte sogar eine Einladung zu einem Lehrgang der Nationalmannschaft“, berichtet sein Auswahl-Coach. Die schlug der 21-Jährige aber aus, weil ihm der Zeitaufwand zu groß und der Beruf wichtiger war.

Die Bayerische Auswahl für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung sichert sich bei der Deutschen Meisterschaft in Bayreuth erstmals den Titel.
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Zweimal im Elfmeterschießen top

Bei den Deutschen Meisterschaften saß Tobias Lesch in der Vorrunde erst einmal auf der Bank. Nicht aus Leistungsgründen, sondern weil ihn eine Zerrung behinderte. Nur zehn Minuten war er beim 0:0 gegen Niedersachsen am Ball. Die klaren Siege gegen Hessen (8:0), das Saarland (9:0) und Mecklenburg-Vorpommern (4:0) erlebt er dann in der ersten Reihe mit. So richtig wichtig wird der 21-Jährige aber erst im Halbfinale gegen Berlin. Nach der regulären Spielzeit steht es unentschieden. Ein Elfmeterschießen muss die Entscheidung bringen. Ein Job für Tobias Lesch. „Er ist sehr nervenstark“, urteilt Mario Herrmannsdörfer. Das beweist der Huter im Auswahldress als er den entscheidenden Strafstoß zum 3:2 verwandelt.
Ein echtes Karriere-Highlight, das aber im Finale noch getoppt werden sollte. Auch da ging es gegen die eigentlich übermächtigen Nordrhein-Westfalen ins Elfmeterschießen. Beim Stand von 5:5 parierte der bayerische Keeper einen Strafstoß, bevor Tobias Lesch zur Tat schritt und nervenstark den titelbringenden Elfer verwandelte. „Die Jungs haben sich den Erfolg redlich verdient. Sie haben ein tolles Turnier gespielt“, freut sich Mario Herrmannsdörfer über seinen ersten Titel.

Titelkämpfe ein "Quantensprung"


Deutscher Meister mit seiner Bayernauswahl: Mario Herrmannsdörfer.
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Aber nicht nur wegen dieses Erfolgs war die Meisterschaft in Bayreuth für den 30-Jährigen ein „Quantensprung“. Erstmals wurde das Turnier, an dem zehn Landes-Auswahlteams teilnahmen, nicht in einer Sportschule, sondern in einem echten Stadion ausgetragen. „Wir sind bewusst in die Öffentlichkeit gegangen“, beschreibt Mario Herrmannsdörfer, der maßgeblich an der Organisation beteiligt war, die Gedankengänge der Verantwortlichen beim Veranstalter und beim DBS. Die Teams wurden nicht in der Sportschule zusammengezogen, sondern wohnten während der Turnierwoche in Hotels und Jugendherbergen in ganz Bayreuth. „Alle haben viele tolle Eindrücke mit nach Hause genommen.“
Mehr als 50 Volunteers, die meisten von der Uni Bayreuth, begleiteten die Spieler und kümmerten sich um die Zuschauern. „Es war toll, wie offen die Bevölkerung in Bayreuth auf uns zugegangen ist“, freut sich Mario Herrmannsdörfer über das geglückte Experiment, die Meisterschaft in die Öffentlichkeit zu holen. Bayreuth habe für die kommenden Jahre sicherlich Vorbildcharakter. „Genauso stelle ich mir Inklusion und Integration vor.“

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