„Ich bin beim Würzburger FV groß geworden. Der Verein hat mir sehr viel gegeben. Zwischenzeitlich hatten wir uns ein bisschen aus den Augen verloren, wobei ich den Verein die ganze Zeit über verfolgt habe“, erklärt Jochen Möhricke seinen Wechsel in der Winterpause von Margetshöchheim 2 in der Kreisklasse zur zweiten Mannschaft des Würzburger FV in die Landesliga Nordwest. „Für mich hat das mit Anstand zu tun. Jeder schimpft und weiß es besser, aber keiner krempelt die Ärmel hoch und packt an. Das war für mich der Anlass zu sagen, ich mache das. Wenn die Zeiten schwierig sind, brauchst du Leute, die anpacken“, so der 52-Jährige. Ihm liegt daran, dem Verein nach all den Jahren etwas zurückzugeben.
Kämpfen bis zum Umfallen
Jochen Möhricke
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Möhricke wusste, dass ihn an der Mainaustraße alles andere als eine leichte Aufgabe erwartet, dass ihm personell die Hände gebunden sein werden, dass der Klassenerhalt ein schwieriges Unterfangen sei. Dennoch geht er in vorderster Reihe voran. „Wir jammern nicht, wir spielen“, sagt Möhricke mit Überzeugung und kann sich auf seine Mitstreiter verlassen: „Alle Spieler ziehen Weltklasse mit. Seit der Winterpause sind sie auch eine Mannschaft geworden. Die Jungs kämpfen bis zum Umfallen, deshalb entscheiden wir die Spiele auch für uns oder entführen einen Punkt“, kommentiert er die jüngsten fünf Punkte aus den letzten vier Spielen. „Auch in Frammersbach haben wir geduldig auf unsere Chance gewartet.“
Andreas Jazev erzielte das Tor des Tages zum 1:0-Auswärtssieg. Aus einer sicheren Defensive agierten die Zellerauer bereits beim torlosen Unentschieden in Karlburg und beim 1:1 bei Bayern Kitzingen. „Dort kassierten wir erst in der letzten Minute den Ausgleich – zu neunt“, wie Möhricke betont. Das 0:4 in Neustadt bezeichnet er als Ausrutscher. „Wir können nicht mit Mann und Maus stürmen. In Neustadt haben wir das versucht und mussten die Konter selbst fressen. Kurzum, das geht überhaupt nicht“, stellte Möhricke fest und holt gegen Kritik an seiner Spielweise aus: „Was soll ich denn machen, wenn ich keinen habe, der das Spiel machen kann. Ich habe eine blutjunge Truppe, garniert mit ein paar Alten Herren. Also müssen wir schauen, das Spiel so lange wie möglich offen zu halten.“
Zum Wundern nach Würzburg
Das gilt auch für die bevorstehende Partie gegen die FT Schweinfurt, Schlusslicht und selbst dafür bekannt, mit elf Mann hinter dem Ball zu stehen. Möhricke empfängt die Gäste mit eindeutigen Hinweisen: „Ich weiß schon, wie die Freien Turner spielen. Sie werden sich aber wundern, was bei uns auf sie zukommt. Wenn die Schweinfurter von hinten raus wollen, müssen sie dafür schon selbst etwas tun. Wir haben den Vorteil, dass wir sieben Punkte mehr haben und die wollen wir nicht aus der Hand geben.“ Da spiele es auch keine Rolle, ob zu Hause oder auswärts – Hauptsache, drei Punkte oder mindestens einen. Dass die personelle Lage am Limit sei, nimmt Jochen Möhricke dabei als Ansporn zur Kenntnis:
„Das Coachen hier beim WFV 2 hat ein bisschen mit Zauberei zu tun. Ich habe jede Woche einen andere Truppe, mir fehlen jede Woche andere Leute durch Ausfülle und Verletzungen der ersten Mannschaft. Das ist das Los einer zweiten Mannschaft und nachdem die Kader ohnehin schon besonders eng sind, holen wir uns eben ein paar A-Jugend-Spieler oder Alte Herren dazu.“
Für das bevorstehende Spiel plane er mit vier U19-Akteuren. „Momentan suche ich noch nach ein paar Alten Herren, die Lust darauf haben, sich bei uns mit einzuklinken.“ Wenn Möhricke von der Situation spricht, tut er das augenzwinkernd: „Es hört sich lustig an, das ist es aber nicht. Manchmal weiß ich selbst nicht, wie uns das alles gelingt.“
Jlija Vrdoljak (vo.) vom Würzburger FV schirmt den Ball vor seinem Gegenspieler ab.
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Zellerauer Grundtugenden
„Unser Trainer der ersten Mannschaft signalisierte bereits, dass drei Leute aus meinem Kader vom letzten Samstag diesmal in seine Mannschaft verschwinden. Wegen der Wartefrist von zehn Tagen muss ich auf diese Spieler zwei Wochen warten, bis ich sie wiedersehe“, weiß er um eine zusätzliche Schwierigkeit, wenn Christian Graf einen Akteur nach oben abzieht. Nach Weiden sollen Lukas Weimer, Andreas Jazev, Kevin Markert und Leroy Mabikounou mitfahren. Volkan Bilgin und Marcel Heck fallen verletzt aus. Also sucht Möhricke wieder nach Recken früherer Tage wie Jürgen Bausewein und Gerhard Liebler. „Sie stellen sich zur Verfügung und wenn alle Stricke reißen, gehen sie rein. Solche Leute brauchen wir.“
Wenn Möhricke über seine im Januar übernommene Aufgabe als Trainer der zweiten Mannschaft beim Würzburger FV spricht, klagt er nicht, sondern kämpft, zeigt jene Eigenschaften, die auf der Tribüne der Sepp-Endres-Sportanlage schon seit jeher immer mit Applaus bedacht wurden. „Wir müssen mit dieser Situation klarkommen, also müssen wir uns eine Lösung dafür stricken“, meint der 52-Jährige. Gerüchten, dass der Würzburger FV seine zweite Mannschaft nicht aufrechterhalten könne, stellt er sich entgegen: „Wir wollen auf jeden Fall die zweite Mannschaft halten.“ Denn dabei handelt es sich um einen Talentschuppen:
„Du hast es hier mit richtig guten Fußballern zu tun. Das macht mir als Trainer schon Spaß.“