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Artikel veröffentlicht am 12.08.2015 um 12:00 Uhr
Mönchengladbachs Musterprofi: Thomas Kraus führt die jungen Fohlen
MAGAZIN Seit gut zehn Wochen ist Thomas Kraus bei der ruhmreichen Borussia aus Mönchengladbach unter Vertrag. anpfiff.info traf den Reichmannsdorfer im Vorfeld der Regionalliga-Partie der kleinen Fohlen bei Alemannia Aachen. Dabei plauderte der 28-Jährige über die neue Erwartungshaltung, alte Leidenschaften und eine Gemeinsamkeit mit Andrea Pirlo…
Von Bernd Riemke
„Es ist mir egal, ob ich vor 300 oder 30000 Zuschauern spiele“, gab Thomas Kraus am Tag vor dem Auswärtsspiel bei Alemannia Aachen am vergangenen Wochenende, umgeben von Bökelberg -Legenden wie Hans-Jörg Criens, Jupp Heynckes oder Stefan Effenberg an den Wänden im hoch modernen Borussia-Park zu Protokoll. Und dann lieferte nicht nur der einstige Kultspieler der Kölner Fortuna, mit der ihm im vergangenen Jahr noch in der 3. Liga als Aufsteiger souverän der Klassenerhalt gelang, doch ein „geiles Spiel“ im elektrisierten Hexenkessel des Aachener Tivoli vor 13000 frenetischen Fans. Statistisch ist das Arbeitszeugnis aus Sicht des Thomas Kraus schnell erzählt: gute 65 Ballkontakte auf der ungewohnten rechten Abwehrseite in der Viererkette. Folgerichtig kein Torschuss und nur drei Flanken, weil die gegen baumlange Aachener Innenverteidiger ohnehin nicht auf dem Matchplan standen, dafür aber eine scharfe, flache Hereingabe von der Grundlinie, die unmittelbar zur größten Torchance der kleinen Borussia im ersten Spielabschnitt führte.

„Natürlich knistert es vor einer großen Kulisse schon ein wenig mehr“

Emotional sah das bei dem Profi, der eigentlich „nur seinen Job erledigen will“ und in jedem auf dem Papier noch so bedeutungslos erscheinenden Spiel Vollgas gibt, freilich ganz anders aus. Viele Attribute würden auf das Duell Alemannia gegen Borussia am 2. Spieltag der jungen Regionalliga-West zutreffen – Bedeutungslosigkeit zählt nicht dazu. Immerhin trat der Vorjahresmeister bei einem der ausgemachten Mitfavoriten auf den Titel an und als die U23 mit der schwarz-weiß gestreiften Raute auf der Brust in der 80. Minute immer noch unglücklich 0:1 im Rückstand lag, da kam die Zeit, Reizpunkte zu setzen und den jungen Mitspielern den Glauben daran zu vermitteln, dass die Partie noch nicht verloren sei. So wurde Thomas Kraus binnen weniger Minuten zum Buhmann der Tivoli-Tifosi als er zunächst nach einem schnellen Antritt und einem kurzen Solo im Strafraum zu Fall kam und sich keine drei Zeigerumdrehungen später an der Eckfahne vor dem Fanblock wegen einer Rangelei den gelben Karton abholte. „Eine Berührung war da, aber ich hätte ihn wohl auch nicht gepfiffen“, schilderte einer der Leitwölfe der kleinen Fohlen die vermeintliche Elfmeter-Situation im Nachhinein wegen der ihn in der verbleibenden Spielzeit ein gellendes Pfeifkonzert bei jeder Ballberührung begleitete. Bis in die Schlussphase rannte das Team von Neu-Trainer André Schubert dem Gegentor hinterher. „Typisch für das Spiel einer erfahrenen Profitruppe gegen die U23 eines Bundesligisten wäre eigentlich gewesen, wenn wir in der Schlussphase 0:2 oder 0:3 verlieren und uns am Ende wundern, weil wir eigentlich keinen Deut schlechter waren“, so Kraus resümierend zu einer rassigen Begegnung, die eben so ganz und gar nicht typisch verlief, sondern der kleinen Borussia in der 87. Minute den Ausgleichstreffer in einer ebenso intensiven wie phasenweise gutklassigen Auseinandersetzung zweier Aufstiegsanwärter bescherte.

Thomas Kraus (re.) beherrscht die rechte Außenbahn der kleinen Borussen.
anpfiff.info

Ungeheure Wertschätzung des Teams

Obwohl die U23 Borussia Mönchengladbachs in der vergangenen Saison in den Aufstiegsspielen zur 3. Liga scheiterte ist die erneute Meisterschaft nicht zwingend das avisierte Ziel des Champions-League-Teilnehmers. „Wenn wir Vertrauen in unsere eigene Leistung haben, dann können wir viele Spiele  gewinnen“, weiß aber nicht nur Thomas Kraus um die immens hohe Qualität, die im Kader steckt. Die rührt zumindest teilweise auch von der Wertschätzung, die jeder einzelne Spieler innerhalb des Vereines erhält. Marc Andre ter Stegen, Tony Jantschke, Patrick Herrmann oder Julian Korb – Namen, die der eigenen Talentschmiede entstammten und inzwischen zu Höherem berufen sind. „Wenn die Jungs sehen, dass es diese Spieler geschafft haben, dann ist der eigene Ansporn gleich viel größer“, macht Kraus seinen Youngstern verbal  Mut. Dass ausgerechnet er selbst einen der wenigen Plätze im  Kader der Spieler bekommen hat, die das 23. Lebensjahr bereits hinter sich gelassen haben, ist Ausdruck des hohen Ansehens, das sich der Dauerläufer auf der Außenbahn in den letzten Jahren erarbeitet hat. „Er hat eine tolle Ansprache an die jungen Spieler, die immer auf ihn zukommen können. Seine Einstellung ist hoch professionell. Nicht zuletzt deshalb ist er hier und genießt eine große Vorbildfunktion in der Mannschaft“, adelt ihn sein Trainer André Schubert, der ebenfalls neu in den  Borussia-Park gewechselt ist.

Ein Rückschritt, der gar keiner ist

„Wer hier groß wird, weiß wie Professionalität gelebt wird“, umschreibt Thomas Kraus in wenigen Worten das Umfeld Borussia-Park, wo jedem einzelnen Spieler tagtäglich zu 100% ermöglicht wird, sich vollkommen auf das Fußballspielen zu konzentrieren. Der Reichmannsdorfer im Rheinland tat dies vom allerersten Tag an in überzeugender Manier. Dass ihm im Eröffnungsspiel als neuem Spieler auch gleich der Treffer zum 1:0 gelang, tat seinem gehobenen Stellenwert sicher keinen Abbruch, doch von allzu  viel Lobhudelei will der bodenständige Franke nichts wissen. „Wenn man neu zu einer Mannschaft stößt tut man gut daran, nicht so viel zu reden, sondern Gas zu geben!“ Worte, die jedem Trainer wie Musik in den Ohren klingen müssen. Von Star-Allüren ist Thomas Kraus ohnehin weit entfernt. Aber ist denn der persönliche „Abstieg“ aus der3. Liga, wo er bei der Fortuna auf der anderen Rheinseite noch einen gültigen Zwei-Jahresvertrag besaß,  eine Klasse tiefer zu einer zweiten Profimannschaft kein Rückschritt? Mitnichten! „Nach drei Jahren im gleichen Verein erlebe  ich hier jeden Tag im Training etwas Neues. Ich bin wieder viel wacher und spüre mehr Energie“, bringt Kraus die deutliche andere Trainingsarbeit auf den Punkt. Vom Underdog mit dem vergleichsweise Mini-Etat zu einem der Top-Vereine der Republik. Das bringt auch einen Wandel der Mentalität mit sich. „Die Art, wie man hier über Fußball denkt war zunächst schon eine Umstellung für mich“, fasst Kraus die Philosophie zusammen, in der vor allem Ballbesitz und Dominanz eine Rolle spielen. Das Spielerische rückt wieder deutlich mehr in  den Vordergrund während der Neu-Borusse die 3. Liga als „Liga der ersten Fehler“ bezeichnet. „Der Ball war zu 70% in der Luft. Viele Teams waren eher darauf ausgerichtet, ein Tor zu verhindern als  zwingend selbst eins zu erzielen. Entsprechend haben wir kein Spiel gewonnen nachdem wir in Rückstand geraten sind, aber auch kaum noch verloren, wenn wir einmal 1:0 geführt haben.“

Alte Weggefährten und die Nummer 21

Wenn Thomas Kraus täglich das Trainingsgelände Borussia-Park anfährt, dann trifft er dort auch regelmäßig auf ehemalige Weggefährten. Ibrahima Traoré hatte seinen einstigen Mitspieler von Hertha BSC Berlin 2 nicht vergessen und schloss ihn schon beim ersten Wiedersehen ebenso herzlich in die Arme wie Giuseppe Pisano, der in der U23 der Fohlen nun die Kapitänsbinde trägt. „Der Junge passt in die Welt“ beschreibt Pisano seinen Mitspieler, der sich auf Anhieb in das neue Team integriert hat und ergänzt: „Er geht viele Wege, ist schnell, wenn er ganz vorne spielt auch torgefährlich und in jedem Fall eine wichtige Bereicherung für uns.“ Seine Rückennummer 21 teilt er im Übrigen mit unumstrittenen Stars wie Andrea Pirlo oder Zinedine Zidane – Leader, die  wissen, wie man eine  Mannschaft zu Titelgewinnen führt. Das weiß auch Thomas Kraus genau, denn er ist  Teil  gewesen des einzigen Vereins aus der Regionalliga-West, der bislang das Stahlbad der Aufstiegsrelegation erfolgreich durchschritten hat. „Mach’s noch einmal, Krausi“, würden sich wohl auch seine neuen Kollegen wünschen, der sich  mit seiner gleichsam zurückhaltenden wie selbstbewussten Art auf Anhieb einen hohen Stellenwert erarbeitet hat: „Ich möchte in erster Linie meine Leistung bringen und den Mitspielern so gut wie möglich helfen“, so der Teamplayer, der sich anschickt mit der Borussia aus Mönchengladbach wieder Großes zu erreichen!


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Leser-Kommentare

Steckbrief T. Kraus

Thomas Kraus
Spitzname
Tommy, Krausi
Alter
37
Geburtsort
Bamberg
Wohnort
Köln
Nation
Deutschland
Größe
184 cm
Beruf
Trainer
Starker Fuß
Rechtsfuß
Erfolge
2x Landespokalsieger (je einmal Fortuna Köln und Eintracht Trier), Regionalligameister und Aufsteiger in die 3. Liga mit Fortuna Köln 2014.
Karrierebilanz (Stand: April 2023)
4 DFB-Pokalspiele, 1 Tor
450 RL-Spiele, 104 Tore.
35 Drittligaspiele, 3 Tore.


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