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Artikel veröffentlicht am 20.01.2016 um 12:00 Uhr
Ein Früchtl aus der Fränkischen: Halb-Franke und mit 15 schon Riesentalent
MAGAZIN Und plötzlich im Rampenlicht: Beim Trainingslager des FC Bayern steht unvermittelt ein 15-Jähriger im Fokus. Christian Früchtl gilt als großes Torhüter-Talent und möglicher Neuer-Nachfolger. Was allerdings nur wenige wissen: Seine familiären Wurzeln liegen auch in Ebermannstadt.
Von Leo Hühnlein, Fränkischer Tag Forchheim
Ein Raunen ging durch Fußball-Deutschland: Der FC Bayern München wird von einem 15-jährigen Nachwuchstorwart anstatt seiner U23-Keeper mit ins Trainingslager nach Katar begleitet. Noch niemals zuvor nahm der Rekordmeister einen jüngeren Spieler mit in ein offizielles Trainings-Camp. Christian Früchtl, dessen Wurzeln bis nach Ebermannstadt reichen (seine Mutter Margit ist eine geborene Köferlein), wurde über Nacht ins Rampenlicht der Öffentlichkeit katapultiert.

Dreikönigstag am Münchner Flughafen. Der FC Bayern bricht zu einer siebentägigen Einheit ins Wintertrainingslager auf. Wie seit 2011 bereitet sich der Rekordmeister in Doha in Katar auf die Rückrunde der Bundesliga vor. Alles scheint wie immer, weder die gegenüber dem Wüstenstaat politisch angehauchte Kritik, noch die Feststellung, dass es das letzte Camp am Persischen Golf unter Trainer Pep Guardiola sein würde, stören die Abflugsroutine im Check-in.

Dann fokussiert sich das Interesse auf einen langen Schlacks, stolze 1,93 Meter lang, aber erst 15 Jahre alt. Es ist Christian Früchtl, seit 2014 Torhüter im Nachwuchsbereich der Münchner. Früchtl wird das  Hauptthema der Reise werden, der Hype um den jungen Torwart mit Schuhgröße 50 nimmt fast stündlich zu.

Früchtl stiehlt allen, wenn auch ungewollt, die Show, zu abrupt bricht die Wirklichkeit über ihn herein. Der Verein springt helfend ein und schirmt seinen jungen Spieler während der Reise ab, Kontaktversuche der Medienvertreter werden untersagt.

Ein kleines Familienfoto vor dem Ebermannstadter Rathaus: Christian Früchtl (2.v.l.) mit Mama Margit sowie den beiden Onkels „Wastl“ und Thomas Köferlein.
Leo Hühnlein

Wurzeln in der Fränkischen Schweiz

Was zu diesem Zeitpunkt nur die Wenigsten wissen: Die familiären Wurzeln des Ausnahmetalents liegen in der Fränkischen Schweiz, genauer gesagt in Ebermannstadt. Der Senkrechtstarter entstammt der Familie Köferlein aus dem Stadtteil Breitenbach. Seine Mutter Margit (49), eine frühere Handballerin, zog der Liebe wegen vor knapp zwei Jahrzehnten nach Bischofsmais nahe Deggendorf im Bayerischen Wald. Ihre fünf Brüder schlugen einst, mit mehr oder weniger großem Erfolg, die fußballerische Laufbahn ein, wobei der 51-jährige Robert als Handballtorwart „endete“. Eduard „Edi“, mit 56 Jahren der Älteste, kickte früher  in der Kreisliga. Der wohl sportlich Erfolgreichste sei Jürgen (55), der sich nach dem Fußball auf den Motorradsport konzentrierte, wie Thomas, mit 47 Jahren der Jüngste, erklärt: „Jürgen war mehrfacher bayerischer und deutscher Enduro-Meister sowie Sieger bei den Senioren im Motocross. Außerdem holte er den europäischen Vizetitel im German Country-Cross.“ Thomas selbst stand früher für den TSV Ebermannstadt in der Bezirksoberliga auf dem Rasen, bevor er Spielertrainer in Pretzfeld wurde: „Wir sind alle unglaublich stolz auf unseren Neffen Christian. Dass er viel Talent hat, wussten wir schon, aber in dieser geringen Zeit einen derartigen Sprung nach ganz oben zu machen, hat jeden in der Familie mehr als überrascht. Ich glaube, wir werden auch noch sehr viel Freude an ihm haben.“

Das familiäre Sextett komplettiert Horst „Wastl“ Köferlein (53), in der Fußballszene des Kreises nicht nur wegen seiner Aufgabe als Trainer der Frauen in Ebermannstadt bekannt. „Seit Dreikönig geht es rund bei uns, als bekannt wurde, dass Christian mit nach Doha fliegt. Viele Freunde und Bekannte wissen natürlich, dass Christian zu unserer Familie gehört, er war ja oft in den Ferien in der Heimatstadt seiner Mama. Unser ganzer Clan ist sehr stolz auf den Jungen. Meine Schwester Margit sagt, er hat die sportlichen Gene wahrscheinlich von uns in die Wiege mitbekommen. Seine Ruhe und Gelassenheit hat er aber auf jeden Fall von seinem Papa Erwin Früchtl, der vorher noch nie Fußball gespielt hatte.“

Ein Besuch am Ebser Sportplatz durfte nicht fehlen.
Leo Hühnlein

Zu Besuch in Ebermannstadt

Über die Weihnachtsfeiertage waren die Früchtls zum Familienbesuch in Ebermannstadt. Beim Gesprächstermin mit dem Fränkischen Tag wirkt der junge Hüne sehr zurückhaltend, fast schüchtern und vorsichtig, wohl normal für einen 15-Jährigen. Dennoch wich er höflich keiner Frage aus, es waren aber seine beiden Onkels, die von der Einladung ihres Neffen nach Doha zuerst erzählten – unter der Vereinbarung, dies nicht vor dem Abreisetag zu publizieren. Im Gespräch mit dem Teenager wird klar, dass dieser einer festgelegten Strategie folgt: „Zuerst war ich schon erstaunt, dass ich von Pep Guardiola hinter Manuel Neuer, Sven Ulreich und Tom Starke als vierter Torwart nominiert wurde, noch vor den Kollegen Ivan Lucic und David Hundertmark. Deshalb ist es für mich auch etwas Besonderes, obwohl ich ja schon längere Zeit, wenn auch nicht ständig, bei den Profis mittrainiere. Es ist eine riesige Chance und Herausforderung für mich.“

Vom Feldspieler zum Torwart

Der kometenhafte Aufstieg des am 28. Januar 2000 geborenen Torwart-Teenies begann mit einer Kuriosität. Mit etwa acht Jahren, so genau weiß er es gar nicht mehr, erzielte er in einem Testspiel seines Heimatvereins SV Bischofsmais als Torhüter per Ausschuss einen Treffer. Gegner damals: der Nachwuchs des FC Bayern. Davon kursiert im Netz sogar ein Video. In dieser Zeit probierte er sich auch als Feldspieler, weil er sich manchmal im Tor langweilte, wie er selbst sagt: „Aber da bin ich zu oft über meine großen Füße gestolpert, deshalb ging ich wieder in den Kasten.“

Nach dem Wechsel zur SpVgg Deggendorf, wo durch hervorragende Leistungen die Berufung in die Bayernauswahl folgte, blieb er auch den Spähern der Profivereine nicht mehr verborgen   – und wurde zu einem Probetraining an die Säbener Straße eingeladen. Die Eltern reisten samt Sohn ohne große Erwartungshaltung an, es folgte der Paukenschlag, wie sich Mutter Margit erinnert: „Direkt nach dieser Sichtung boten ihm die Bayern einen Platz im Fußball-Internat an, schon anderntags rief Herr Dremmler (Leiter des Nachwuchsleistungszentrums, d. R.) wieder an und bat um unsere Zustimmung. Wir überließen die Entscheidung Christian und sagten nach zwei Tagen zu.“

Ein Familienfoto vor dem Eber am Rathausvorplatz, welcher der Heimatstadt der Köferleins ihren Namen gab: Christian Früchtl mit Mama Margit sowie den beiden Onkels „Wastl“ und Thomas Köferlein
Leo Hühnlein
Ausbildung bei Uwe Gospodarek

Die Fieberkurve ging weiter steil nach oben, die sportliche Ausbildung im Bayern-Internat übernahm der frühere Bundesliga-Keeper Uwe Gospodarek. Kurz nach seiner Verpflichtung holte ihn U15-Nationaltrainer René Schubert in sein Team. Die Reise mit dem Profikader ins Trainingslager nach Katar ist der vorläufige Höhepunkt in der rasanten Karriere, hierzu musste nicht nur eine Extra-Regelung mit der Schule getroffen werden, Sport-Vorstand Matthias Sammer brauchte auch die Einwilligung der Eltern. Dass sich das Leben des 15-Jährigen seit dem Abflug Richtung Wüste schlagartig ändern wird, wurde ihm und seiner Familie bereits klar, als er noch im Flieger saß. Mit Eintritt in das Rampenlicht nahm die Schlagzahl an Interview-Anfragen und unangemeldeten Besuchen vor dem Elternhaus Fahrt auf. Eine Erfahrung, die auch für die Eltern noch Neuland ist, wie Mutter Margit zugibt: „Es waren schon vier Fernseh-Teams und etliche andere Berichterstatter da, aber wir achten  sehr darauf, dass der Rummel für Christian in Grenzen bleibt.“

Was es bedeutet, im Fokus zu stehen, hat der Teenager bereits mit der Veröffentlichung eines Videos aus dem Camp in Katar erfahren. Eine große Boulevard-Zeitung zeigte ihn auf einem Tisch stehend mit dem Handy in der Hand, von dem er den Text des Bayern-Liedes abliest und dieses, umringt von Spielern aus dem Kader, als Einstands-Ritual zum Besten gibt.

Christian Früchtl hat realisiert, dass wohl das bislang größte Abenteuer seines Lebens begonnen hat. Äußerlich versucht der Teenager nach der Rückkehr, gelassen zu bleiben, was aber nicht immer gelingt. Wie aufgewühlt er innerlich noch ist, und dass er nicht anders tickt als Gleichaltrige, verrät die Antwort nach seinem persönlichen Highlight: „Für mich ist dort mein größter Traum in Erfüllung gegangen, als ich mit meinem Idol Manuel Neuer zusammen trainieren durfte.“  Vom Fan zum Kollegen, manchmal geht es ganz schnell.

Erschienen in der Samstags-Ausgabe des Fränkischen Tags.

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Leser-Kommentare

Steckbrief C. Früchtl

Christian Früchtl
Alter
24
Geburtsort
Bischofsmais
Wohnort
München
Familie
ledig
Nation
Deutschland
Größe
190 cm
Lieb.-Position
Torwart


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