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Artikel veröffentlicht am 20.10.2008 um 16:35 Uhr
Ein Haitianer in Deutschland: Ebings schwarze Perle
Sportlich hat die SpVgg Ebing sicher schon bessere Tage erlebt. Zwei Spieltage vor Hinrunden-Ende steht die Gunreben-Elf auf dem Schleuderplatz. Einen mehr als eindrucksvollen Farbtupfer hinterlassen die Blau-Weißen aber dennoch bei ihren Auftritten, denn mit Charles Louguens haben sie einen Akteur in den eigenen Reihen, der das Fußballspielen über dem großen Teich gelernt hat.
Von Bernd Riemke
Eine außerordentlich sympathische Erscheinung, der auch auf dem grünen Rasen Akzente zu setzen weiß: Charles Louguens.
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Haiti, westlicher Teil der karibischen Insel Hispaniola und damit Nachbarstaat zur Dominikanischen Republik, schrieb bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1974 Geschichte. Es war der 15. Juni und der haushohe Favorit Italien erster Gegner bei der ersten und bislang auch einzigen WM-Teilnahme des Fußballzwerges. Für die Squadra Azzura stand Torhüter-Legende Dino Zoff zwischen den Pfosten und blieb bis zu diesem Tag fast zwei Jahre lang - exakt 1143 Länderspielminuten - ohne Gegentreffer. Bis in der 46. Spielminute Emmanuel Sanon für die sensationelle Führung der Karibik-Kicker sorgte. Die Partie ging 1:3 verloren und Haiti reiste nach der Vorrunde ohne Punkt wieder gen Heimat, doch nicht nur Emmanuel Sanon machte sich und seinen Namen unsterblich. Nationaltorhüter Henri Francillon glänzte im Münchener Olympiastadion derart überzeugend, dass er für das Spieljahr 1974/75 beim damaligen Zweitligisten TSV 1860 München unter Vertrag genommen wurde und sogar fünf Spiele bestritt. Charles Louguens, geboren am 14. Februar 1980, war zu diesen historischen Zeiten noch gar nicht auf der Welt. Doch zumindest in der Bezirksliga Oberfranken/West schreibt auch er Fußballgeschichte - als Stürmer der SpVgg Ebing. anpfiff stand der sympathische 28-jährige für ein Gespräch bereit.

Ein haitianischer Spieler in Bamberger Landen ist durchaus außergewöhnlich. Schildern Sie uns doch bitte, wie Sie zur SpVgg Ebing gekommen sind.

Charles Louguens:
Zunächst einmal lebe ich dort und war schon 2006 einige Male beim Training der Mannschaft. Ich arbeite für die U.S. Army und musste dann für einige Monate in die Vereinigten Staaten, ehe ich 15 Monate in Afghanistan stationiert war. Seit dem Sommer bin ich wieder hier trainiere so oft es mir möglich ist.

Um in der Bezirksliga Fuß fassen zu können, haben Sie aber auch in der Heimat sicher eine fußballerische Grundausbildung genossen.

Charles Louguens:
Ich habe Haiti verlassen als ich zehn Jahre alt war und lernte auf der High School in New Jersey das Fußballspielen. Später habe ich auch auf dem College in New York State gespielt. Im Alter von 20 Jahren habe ich mich der Army angeschlossen und kam schon ein Jahr später nach Deutschland.

Wo Sie weiter Ihrem Hobby gefrönt haben?

Charles Louguens:
Ich war zunächst in Mannheim stationiert und habe dort in der Army Community gespielt. Wir haben auch regelmäßig Begegnungen mit anderen Communities in Bamberg, Heidelberg oder Gießen ausgetragen. Als ich nach Ebing gezogen bin, habe ich den Fußballplatz gesehen und einfach angefragt, ob ich dem Team beitreten könnte.

Hatten Sie denn zuvor schon Kontakte zur SpVgg?

Charles Louguens: Das lief über meinen Vermieter. Ich habe meine Verlobte und zwei meiner drei Kinder hier in Deutschland, sonst habe ich niemanden gekannt.

Die Athletik ist sein großes Plus. In dieser Szene lässt Charles Louguens Kemmerns Dominik Endres mit einer Körpertäuschung ins Leere laufen.
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Auf dem Platz wird doch sicher deutsch gesprochen. Können Sie sich da verständigen?

Charles Louguens:
Ich spreche selber nur sehr wenige Worte. "Danke", "Tschüß" oder "Auf Wiedersehen" - die nötigsten Sachen eben. Aber ich kann die deutsche Sprache einigermaßen gut verstehen und deshalb klappt das auf dem Platz dann auch.

Sie arbeiten für die U.S Army. Bleibt da regelmäßig Zeit zu trainieren und darüber hinaus Freundschaften zu knüpfen?

Charles Louguens:
Wenn die Army ruft kann ich natürlich nicht trainieren. Wir werden manchmal für kurze Zeit in Italien stationiert und dann bleibt natürlich für Fußball keine Zeit. Ich würde sehr gerne Freundschaften knüpfen, aber dafür bleibt leider ebenfalls oft zu wenig Zeit. Wegen der Arbeit kann ich nach den Spielen oder dem Training nicht immer bei der Mannschaft bleiben. Wenn wir noch länger zusammensitzen unterhalte ich mich aber schon mit meinen Mitspielern - das geht auch ohne dass ich fließend deutsch spreche.

Es scheint Ihnen auf jeden Fall eine Menge Spaß zu machen.

Charles Louguens:
Ja, ich spiele sehr gerne in Ebing und bin toll aufgenommen worden. Wir haben da eine sehr talentierte Mannschaft, auch wenn es uns momentan manchmal nicht so gut gelingt zusammenzuspielen.

Der Wahlspruch Ihres Landes lautet "L'Union fait la force" (Stärke durch Einheit). Sind Sie ein Teamspieler?

Charles Louguens:
Auf jeden Fall. Bislang wurde ich meist zu Beginn der 2. Halbzeit eingewechselt. Das macht mir nichts aus. Ich möchte das Team bestmöglich unterstützen, selbst wenn ich nur zwei Minuten zum Einsatz komme. Wenn der Trainer möchte, dass ich 90 Minuten spiele, werde ich alles geben. Genauso werde ich das tun, wenn ich nur eine Halbzeit spiele.

Ihr Einstand hätte besser nicht sein können. Am dritten Spieltag wurden Sie gegen den 1.FC Lichtenfels zur Halbzeit eingewechselt und haben schon nach neun Minuten die zwischenzeitliche Führung erzielt.

Charles Louguens:
Das ist richtig. Das war aber auch mein einziges Tor bis jetzt und ich habe mir fest vorgenommen, bis zum Saisonende 15 Tore zu schießen. Schließlich habe ich noch ein zweites Ziel und das ist, mit der SpVgg auf Platz 3 der Tabelle zu kommen. Im Moment sind wir 13. und das ist nicht zufriedenstellend. Um das zu schaffen, muss ich aber zunächst mein erstes Ziel realisieren - die 15 Tore.

Dann werden Sie sicher auch häufiger von Anfang an spielen. Werden wir Sie denn auch über die Saison hinaus im Trikot der SpVgg Ebing sehen?

Charles Louguens:
Solange ich in Deutschland bin, möchte ich auf jeden Fall für Ebing spielen. Das werde ich voraussichtlich allerdings nur noch bis Juli 2009 sein. Danach muss ich Deutschland wahrscheinlich wieder Richtung Vereinigte Staaten verlassen.

Wir bedanken uns recht herzlich für das Gespräch, Lou und wünschen für das Erreichen der gesteckten Ziele alles Gute!

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