Heiner Vitzethum baut Fußballschuhe für Profis und Amateure um
66 Jahre ist Heiner Vitzethum inzwischen jung, seine aktive Laufbahn als Fußballer in Regensburg und beim 1. FC Nürnberg liegt lange zurück, auch den Trainerjob hat er seit über 15 Jahren aufgegeben. "Damit hab ich abgeschlossen, das packe ich nervlich nicht mehr", sagt Vitzethum, der auf eine stolze Laufbahn als Übungsleiter zurückblicken kann. Über Höchstadt und Feucht landete er 1976 beim TSV Vestenbergsgreuth, den er von der A-Klasse bis in die Landesliga führte. Dabei hatte er auch den heutigen Präsidenten der SpVgg Greuther Fürth, Helmut Hack, unter seinen Fittichen. "Ich bin einer der wenigen, die Kritik beim Kleeblatt anbringen dürfen", sagt Vitzethum senior mit einem Augenzwinkern - dass er dabei stolz ist auf den Werdegang im Ronhof und seinen inzwischen auch im Fußball prominenten früheren Schützling ("Die machen eine phantastische Arbeit am Ronhof") versteht sich von selbst.
Heiner Vitzethum (rechts) als Trainer des TSV Südwest beim Landesliga-Spitzenspiel in Weiden 1984.
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Von Vestenbergsgreuth ging es als Trainer Mitte der 1980er-Jahre zum TSV Südwest, der damals vom legendären Mäzen Hans Maringer geführt wurde. Auch bei der SpVgg Weiden und BSC Erlangen coachte Heiner Vitzethum, ehe er seine Trainerkarriere an den Nagel hängte und sich rein auf Familie und sein Sportgeschäft an der Fischbacher Hauptstraße konzentrierte. Zumindest als Jugendtrainer beim SC Feucht, wo sein Sohn Christian spielte, fungierte er in den Jahren danach noch. Inzwischen setzt aber auch der Sohn seinen Schwerpunkt auf das Sportgeschäft und ist nach Stationen bis zur Regionalliga nun beim SV 73 Süd "nur noch" als Co-Trainer aktiv.
Heiner Vitzethum (stehend links) als Trainer des BSC Erlangen Mitte der 1990er-Jahre: Auch den heutigen Bucher Trainer Roland Frey (hinten 3.v.l.) und den späteren Club-Profi Ulf Metschies (sitzend 3.v.l.) hatte der heute 66-Jährige unter seinen Fittichen.
Kurz
Den Fußball und insbesondere den Amateurfußball verfolgt Heiner Vitzethum aber nicht nur über den Filius weiterhin sehr intensiv, gerade die Vereine seiner früheren Stationen liegen ihm immer noch sehr am Herzen und immer wieder suchen Klubs auch seinen Rat als Fußballfachmann. Aber nicht nur in Sachen Taktik ist Vitzethum ein gefragter Gesprächspartner, vor allem sein Know-how im Bereich der Sportartikel, speziell bei Fußballschuhen führt immer wieder aus dem Profibereich bekannte Namen, aber auch Amateure, in den Sport Shop Fischbach.
In seiner Werkstatt passt Heiner Vitzethum die Fußballschuhe auf die Bedürfnisse von Profis und Amateur-Kickern an.
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"Wenn einer helfen kann, dann der Heiner", konsultiert manch Zeugwart aus der Bundesliga den Fischbacher Sportladen, um individuelle Anpassungen am Schuhwerk vornehmen zu lassen. "Ein Spieler hatte immer Probleme mit den Zehen, für den haben wir dann an der richtigen Stelle weichere Stollen eingesetzt", nennt Heiner Vitzethum ein Beispiel seiner eigenen "Schuhkunde". Ein offenes Geheimnis ist, dass Freiburgs Stefan Reisinger Stammkunde bei Vitzethum ist und dann immer gleich einige Paar Fußballschuhe, auch von Teamkollegen, in der Werkstatt neben dem Sportgeschäft anpassen lässt. Aber auch die Bundesligavereine aus dem süddeutschen Raum greifen regelmäßig auf die Dienste des gelernten Mechanikers zurück, wenn es darum geht Fußballschuhe auf individuelle Bedürfnisse anzupassen.
Mit einem seiner engsten Freunde, Manfred Drexler, der als adidas-Servicemann jahrelange die DFB-Elf begleitete, führte er unzählige Fachgespräche über das Schuhwerk und seine Tücken. Inzwischen gibt es wohl kaum ein Schuhproblem, das Vitzethum mit technischen Kniffen in seiner kleinen Werkstatt nicht in den Griff bekommen hätte. Dabei ist speziell das Verhältnis zum Hause adidas ein sehr gutes. "Die limitieren mich nicht und lassen mich werkeln", betont Vitzethum, wenn er sich mal wieder an einem Schuh mit den drei Streifen "vergeht".
Auf die Idee des Umbaus ist er gekommen, als ehemalige Spieler aus der DDR mit individuell gefertigten Modellen aufliefen. Nach dem Motto "Not macht erfinderisch", wurde in Ostdeutschland schon vor vielen Jahren mit handwerklichem Geschick manche Schwachstelle behoben. Dieser Umstand faszinierte den Tüftler Heiner Vitzethum, der durch seinen Bruder, einem gelernten Schuster, schon als Kind mit den Kniffen der Schuhe vertraut war. Unvergessen auch die Episode, als Vitzethum als Trainer des TSV Südwest mit einer eigens dafür konstruierten Fräse die Lederstollen seiner Spieler konisch gefräst hatte, damit diese auch im Winter bestmöglichen Stand hatten.
Heiner und Christian Vitzethum betreiben inzwischen gemeinsam den Sport Shop Fischbach, wo im Jahr bis zu 500 Paar Fußballschuhe individuell umgebaut werden.
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Über viele Jahre hat sich Vitzethum das Wissen, die Fertigkeit angeeignet, an Werkzeugen und Methoden gefeilt, so dass inzwischen nicht nur der Klassiker - der adidas Copa Mundial - in einer guten Viertelstunde zu einem Stollenschuh mit dem Komfort eines Nockenschuhs umgebaut wird. Für 30 Euro wird so aus dem Originalprodukt ein Schuh, wie er in der Bundesliga und auf allen Plätzen verwendet werden kann. In die Geheimnisse des Schuhumbaus hat Heiner Vitzethum inzwischen auch Daniel Möller (früher FCN, Hessen Kassel) eingeweiht. Möller, der seit 2011 im Sportgeschäft der Vitzethums tätig ist, hat die Tüftelei längst verinnerlicht und so ist der Umbau schon längst nicht mehr auf die klassischen adidas-Modelle beschränkt.
"Wir können inzwischen fast jedes Modell umbauen", sagt Möller. "Die Nachfrage wurde durch das Internet inzwischen verzehnfacht", erklärt Vitzethum. Gut 500 Paar Fußballschuhe werden mittlerweile in der Fischbacher Werkstatt jährlich ummontiert - und so die Wünsche nach dem perfekten Schuh erfüllt. Dass in Fischbach auf Wunsch Nocken entfernt und mit Stollen ersetzt werden, hat sich längst etabliert.
Den "umgebauten Copa" gibt es nicht von Werk zu kaufen. Doch in Bundesliga und auch bei Amateuren wird die Verbindung von Komfort und Standfestigkeit geschätzt: "Wer den einmal getragen hat, bleibt dabei", verspricht Heiner Vitzethum.
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Doch der Tüftler Vitzethum kann inzwischen nicht nur auf einen reichen Fundus an Schuhanpassungen zurückgreifen, auch scheinbar kaputte Bälle werden in der eigentlichen Ski-Werkstatt wieder auf Vordermann gebracht. Mit einer speziellen Technik werden so kaputte Bälle wieder spielbar gemacht. "Für 15 Euro kann man bei uns seinen Spielball wieder einsatzfähig machen." Dass dies eine weitaus günstigere Variante ist, als bei einem kaputten Ventil den Ball gleich wegzuwerfen, belegen die Netze voller Spielbälle, die Vitzethum senior für diverse Vereine repariert.