Helfende Hände fehlen / Zahlreiche Abgänge / 2. Mannschaft abgemeldet
Auch der Spielertrainer ist beim Türk SV Gostenhof nun weg und die 2. Mannschaft wurde abgemeldet. Der Vorstand hinterfragt nach elf Jahren den Sinn seines Engagements und sieht aktuell kaum Chancen zum Fortbestand des Klubs im Spielbetrieb über das Saisonende hinaus.
Rein sportlich gesehen läuft es am Fuchsloch wie schon seit vielen Jahren: Der Türkische SV Gostenhof verkauft sich in der Kreisklasse sehr ordentlich, der Abstieg ist eigentlich kein Thema, hat man doch 24 Punkte auf dem Konto - aktuell Rang sechs. "Eigentlich spielt die Ligazugehörigkeit gar keine große Rolle, ich könnte auch mit einem Abstieg leben, wichtig ist vielmehr, dass die Strukturen stimmen und Aufgaben, die in einem Verein anfallen, gemacht werden", sagt Mustafa Ayan, der seit elf Jahren als Vorstand die Geschicke des Klubs leitet.
"Ich bin ein Gostenhofer Junge, habe mich immer so gut es geht für den Verein eingesetzt und auch tolle Erfolge erlebt", blickt der 36-jährige Ayan auf eine stolze Vereinsgeschichte zurück, die er entscheidend mitgeprägt hat. Ein Highlight für den Kreisklassen-Dauerbrenner ("mal ein Auf- und Abstieg") war beispielsweise der Einzug ins Totopokal-Halbfinale. 1980 wurde der Türkische SV Gostenhof gegründet. 1982 folgte der Start in der BFV-Runde (drei Jahre vor dem heutigen Landesligisten Dergahspor). Mit einer gehörigen "Portion Respekt" seien auch die Spitzenteams ans Fuchsloch gereist, wusste man, dass man gegen die meist spielstarke Truppe leicht wertvolle Punkte liegen lassen könnte.
Etwas enttäuscht, aber auch erstaunlich nüchtern, zog Ayan für sich schon zum Jahreswechsel Bilanz. "Der Verein steht zwar ordentlich da, aber es macht einfach keinen Sinn, dass sich die Arbeit und das Engagement im Verein weiterhin nur auf wenige Schultern verteilen. Ich war als Vorstand elf Jahre Mädchen für alles, habe viel Zeit und Geld investiert. Irgendwann kommt einfach der Zeitpunkt, an dem man den Sinn der Sache hinterfragen muss. Zudem bin ich durch Familie und Beruf zeitlich sehr eingespannt und kann dann nebenbei nicht noch einen Verein in dieser Form führen", erklärt Mustafa Ayan gegenüber fussballn.de.
Mit der Problematik des fehlenden Rückhalts sieht Ayan seinen Klub indes nicht allein. "Die Strukturprobleme gibt es ja auch bei den deutschen Vereinen, bei Klubs mit weitaus mehr Mitgliedern und längerer Geschichte. Wenn das bei den Deutschen schon schwierig ist, da muss man sich nicht wundern, dass die kleineren, ausländischen Vereine arg ums Überleben kämpfen", weiß der Klubchef um demographische und gesellschaftliche Probleme der Sportvereine.
Da Mustafa Ayan die interne Suche nach seinem Nachfolger zum Jahreswechsel erfolglos abschließen musste und weiterhin kein Kandidat in Sicht ist, geht es für ihn und seine verbliebenen Mitstreiter schon um die Abwicklung des Spielbetriebs. Nachdem nahezu der komplette Stamm des Kreisklassen-Kaders im Winter den Klub verlassen hat, sollen die verbliebenen Spieler, die hauptsächlich aus der Reserve kommen, den Spielbetrieb der 1. Mannschaft zumindest noch bis zum Saisonende aufrechterhalten. Die 2. Mannschaft wird bereits jetzt aus dem Spielbetrieb zurückgezogen.
Keine zwei Monate ist dieses Mannschaftsbild alt, dennoch hat es schon historischen Charakter, haben doch nahezu alle Spieler, die noch in der Hallenrunde für Gostenhof antraten, inzwischen den Verein verlassen und könnte es eines der letzten Teambilder des Türkischen SV Gostenhof sein. Foto: fussballn.de
"Ob wir das hinbekommen die Saison mit der Ersten zu Ende zu spielen, hängt einzig und allein an Vahip", überlasst es Mustafa Ayan seinem treuen Mitstreiter Vahip Altinkaynak, ob er mit den vorhandenen Spielern die Saison zu Ende spielen kann und möchte. Altinkaynak, 36, ist auch so ein Gostenhofer Urgestein, der mit Unterbrechung seit 14 Jahren als Spieler, Spielleiter und Trainer für den Verein zur Verfügung steht und den Fußball liebt. "Wenn es zu wenige Ehrenamtliche gibt und man zu viel machen muss, dann hat man irgendwann - auf deutsch gesagt 'die Schnauze voll' - das geht dem Mustafa genauso und daher muss man seine Entscheidung verstehen, dass er irgendwann einen Schlussstrich zieht", zeigt Altinkaynak Verständnis für die Entscheidung und befürchtet, dass bei Gostenhof nun komplett "die Lichter ausgehen" werden.
Nach Güvenc Baran (links, zu Eyüp Sultan) hat auch Spielertrainer Ahmet Ayan (rechts) das Gostenhofer Trikot ausgezogen und wird zukünftig für den SC Germania spielen. Foto: fussballn.de
Unter diesen düsteren Vorzeichen fand derweil im Winter der Ausverkauf der Spieler bereits statt: Nach Graf, Baran (beide Eyüp Sultan), Wuttke, Bilici, Erdem (DJK Neuses), Serkan Özdösemeci, Cifticioglu (Türkspor Freystadt), Bora (Dergahspor II) hat auch Spielertrainer Ahmet Ayan das Fuchsloch verlassen und wird zukünftig für den SC Germania die Fußballschuhe schnüren. Altinkaynak und Mustafa Ayan zeigen aufgrund der Situation im Verein Verständnis. Kapitän Torsten Wuttke machte sich den Abschied nicht leicht: "Ich habe mich als Kapitän sehr wohl gefühlt und wurde auch als solcher akzeptiert. Mir ist der Abgang nicht leicht gefallen, aber ich wollte mich sportlich noch verbessern, deswegen bin ich zum DJK/SC Neuses. Ich wünsche dem Türkischen SV Gostenhof alles Gute und ich lobe mir die Arbeit von Mustafa Ayan als Vorstand, dem Trainer Ahmet Ayan und allen Funktionären." Ahmet Ayan habe sogar angeboten, noch mitzuhelfen den Klassenerhalt gar zu sichern, doch Vorstand Mustafa Ayan wollte seinen Bruder als Trainer ohne Team nicht hängen lassen. So ist es doch wieder an Mustafa Ayan, Vahip Altinkaynak und Leuten wie Erol Saglamoglu, die nun versuchen aus der Situation noch das Beste zu machen.
"Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende", hat sich Mustafa Ayan geschworen und will, sofern keine Rettung für den Verein mehr in Sicht ist, die Abwicklung des Vereins in Absprache mit der Stadt Nürnberg sauber über die Bühne bringen. Altinkaynak hat zugesagt, bis zum Saisonende mit dem verbleibenden Spielermaterial die Runde ordentlich zu Ende zu spielen und möchte nach dem dann zu erwartenden Rückzug vom Spielbetrieb dem Verein, wenn auch in anderer Form, weiter erhalten bleiben, auch wenn Familie und Beruf bei ihm im Vordergrund stehen. "Es war eine schöne Zeit. Jede Ära geht einmal zu Ende. Vielleicht sind wir jetzt reif für eine Alte Herren-Mannschaft oder eine Eingliederung als 3. Mannschaft", sagen Mustafa Ayan und Altinkaynak und hoffen wenigstens ein wenig vom Vereinsleben im Klublokal aufrechterhalten zu können.