Die Abendzeitung zog mit der Schlagzeile "Lattek trainiert in Nürnberg!" die Blicke auf sich - dabei war es nur eine Trainingseinheit, die der Coach des großen FC Bayern München am Valznerweiher abhielt. Drei Tage lang tingelte der Deutsche Meister im Sommer 1986 durch Franken.
Dieter Gugel (rechts) war nach eigenen Bekunden zwar nur selten am Ball, aber das geht den heutigen Bayern-Gegnern ja kaum anders.
Repro: fussballn.de
Eine Station dabei war am 10. Juli, einem Donnerstagabend, auch der ASV Zirndorf. Mit Meister-Trainer Udo Lattek und Manager Uli Hoeneß, aber ohne die WM-Teilnehmer Jean-Marie Pfaff, Lothar Matthäus, Norbert Eder, Klaus Augenthaler, Dieter Hoeneß und dem zum AS Monaco gewechselten Sören Lerby trat der FC Bayern München seine Stippvisite nach Mittelfranken an. Mit von der Partie war dafür aber ein Spieler, der nun als Trainer mit dem Triple-Gewinn für Furore bei den Bayern sorgte: Hansi Flick.
Im Fokus stand damals aber er der von drei Meniskus-Operationen geplagte Bayern-Jungstar Hansi Dorfner, der vom 1.FC Nürnberg, an den er zwei Jahre lang ausgeliehen war, zurückgekehrt war. Sein Gegenspieler auf Zirndorfer Seite war Dieter Gugel, den die aktuelle Fußballer-Generation als früheren Trainer des SC Viktoria Nürnberg kennt. Da die Kameras beim Gastspiel vor allem auf Jungstar Dorfner gerichtet waren, zierte der junge Gugel somit ebenfalls die Titelseiten der Presse.
Wimpeltausch zwischen Bayern-Kapitän Norbert Nachtweih und Zirndorfs Kapitän Albert Zwingel (rechts).
Foto: privat
Gugel erinnert sich: "Für mich war das damals mit meinen 23 Jahren mein bis dahin größtes Spiel. Ich bin erst im Jahr vorher vom SC Viktoria aus der damaligen B-Klasse in die Bezirksliga zum ASV Zirndorf gewechselt. Wir hatten dann ein überragendes Jahr, mit einer sehr starken Truppe und sind nach damals vier Ausscheidungsspielen - gegen Quelle, Katzwang, ASV Herzogenaurach und SV Winzer - in die Landesliga aufgestiegen. Damals war die Landesliga ja noch die 4. Liga, die Bezirksoberliga gab es noch nicht. Zum Saisonstart dann das Spiel gegen die Bayern, das war schon nicht schlecht."
Zirndorfs Spielertrainer Norbert Winkler hatte das Spiel mit den großen Bayern zum 40-jährigen Jubiläum der Fußballabteilung eingefädelt. Der amtierende Deutsche Meister und DFB-Pokal-Sieger kam zwar ohne seine Teilnehmer an der elf Tage vorher in Mexico-City mit einer 2:3-Finalniederlage gegen Argentinien zu Ende gegangenen Weltmeisterschaft, aber dennoch bot Udo Lattek eine prominente Elf in der Bibertstadt auf.
Das Mannschaftsbild für die Ewigkeit: 1986 empfing der frisch gebackene Landesliga-Aufsteiger ASV Zirndorf um Spielertrainer Norbert Winkler (stehend 5.v.r.) den großen FC Bayern München. Der heutige Bayern-Coach Hansi Flick (6.v.l.) war als Spieler dabei.
Foto: privat
Neben Dorfner und Flick standen beispielsweise klangvolle Namen wie Norbert Nachtweih, Michael Rummenigge, Ludwig Kögl, Reinhold Mathy, Torschützenkönig Roland Wohlfarth oder der spätere Weltmeister Hans Pflügler in der Startelf.
Angesichts des prominenten Gegners wollte man ein komplettes Parkplatzchaos an der Schwabacher Straße verhindern. So riefen der ASV Zirndorf und die Polizei die heimischen Zuschauer eindringlich auf, "den ASV-Platz per Fußweg zu besuchen und die Parkplätze doch den Besuchern aus der näheren und weiteren Umgebung zu überlassen."
2500 Zuschauer sahen dann den Branchenführer mit Trainer Lattek und Manager Hoeneß auf der Bank. "Ich persönlich hab alleine das Warmmachen vor dem Spiel mit so vielen Zuschauern schon so was von genossen. Vom Spiel selbst hab ich nicht mehr so viele Erinnerung, war ständig am Limit unterwegs, kam wenig an den Ball, aber egal - es war klasse", erinnert sich Gugel.
Der spätere Co-Trainer der DFB-Elf und aktuelle Bayern-Coach Hansi Flick war ebenfalls in Zirndorf am Ball. Damals noch erlaubt: leger ohne Schienbeinschoner.
Foto: privat
Im Gedächtnis blieb freilich das Ergebnis von 2:5, mit dem die Zirndorfer natürlich sehr gut leben konnten. Schon zur Pause hatten die Bayern mit Einbahnstraßen-Fußball für eine 3:0-Führung gesorgt. Michael Rummenigge traf nach einer Kögl-Ecke (16.). Reinhold Mathy erhöhte bis zur Pause weiter (23., 44.). Als dann Roland Wolhfarth nach der Pause nach einem Pfostentreffer von Pflügler auf 0:4 stellte (54.), schien der Spielstand allmählich standesgemäß zu werden.
Dribbelkünstler Ludwig Kögl hatte mit seinen Flankenläufen nur selten Erfolg.
Foto: privat
Freilich nahmen die Bemühungen der Münchner mit zunehmender Spieldauer ab, sodass ASV-Keeper Hösch und Libero Winkler mehr Entlastung bekamen. Herausragend war dann der erste Zirndorfer Streich, als der Ball über drei Stationen von Peter Fischer zu Peter Meier und schließlich Dieter Zwingel lief, der nach 63. Minuten den ASV erstmals jubeln ließ.
Auch Bundesliga-Torschützenkönig Roland Wohlfarth (in weiß) trug das legendäre "Commodore"-Trikot der Bayern in Zirndorf.
Foto: privat
Dann wurde Kapitän Albert Zwingel im Strafraum zu Fall gebracht und der Unparteiische Peter Vasel verhängte einen Strafstoß, den erneute Dieter Zwingel sicher zum 2:4 verwandeln konnte (72.). Dass die Zirndorfer den zweiten Durchgang nicht gar gewannen, dafür sorgte dann in der Schlussminute erneut Mathy mit seinem dritten Treffer in dieser Partie.
Nicht nur das achtbare Ergebnis sorgte für zufriedene Gesichter bei den Zirndorfern, auch die noble Geste von Bayern-Manager Hoeneß brachte finanzielle Entlastung. Denn der ASV kam zwar auf die erforderliche Zuschaueranzahl, um das Antrittsgeld der Bayern eigentlich zu finanzieren, allerdings waren unter den Besuchern auch zahlreiche Kinder, die natürlich nicht voll zahlen mussten. Uli Hoeneß verstand die Problematik und reduzierte entsprechend die Summe, für die die großen Bayern den Zirndorfern einen denkwürdigen Fußballtag bescherten.