"Niemand wusste genau, wie lange es dauert. Mein Körper hat mich genervt", sagte Bayern-Star Arjen Robben rückblickend über seine Leidenszeit; eine Schambeinentzündung, die über Monate anhielt. Der Niederländer dachte ob der Schmerzen in der Leistengegend gar über ein Karriereende nach.
Leistenschmerz hat viele Ursachen. Das ist alleine schon durch die anatomische Lage des Beckens bedingt. Es verbindet den Rumpf mit der unteren Extremität und dient als Kräfteverteiler. Man besitzt jeweils einen rechten und einen linken Beckenknochen. Jeder wird noch einmal in drei Teile gegliedert. Der vordere ist das sogenannte Os pubis, oder auch Schambein.
Die Schambeine von rechts und links schließen sich vorne etwa 20cm unterhalb des Bauchnabels mit einer Knorpelscheibe, der sogenannten Synphyse, zusammen und bilden eine Art Gelenk, in dem jedoch nicht viel Bewegung stattfindet. Im Bereich des Schambeins und der Synphyse setzen von oben die Bauchmuskeln und von unten kommend die Adduktoren an. Das bedeutet also enorme Krafteinwirkungen auf einen verhältnismäßig kleinen Knochen durch zwei so starke Muskelgruppen.
Wann spricht man nun von einer Schambeinentzündung?
Definiert ist die im Fachjargon genannte Pubalgia oder Osteitis pubis als eine nicht-infektiöse Entzündung der Schambeinfuge, des Schambeinknochens und der in der Nähe befindlichen Strukturen wie Adduktoren, Bauchmuskeln und Faszien.
Doch Schmerzen in der Leiste können auch viele andere Ursachen haben, wie beispielsweise
- Adduktorenzerrung
- Leistenbruch
- Erkrankungen des Harn- und Geschlechtstraktes
- Nervenengpasssyndrome
- Erkrankungen der Hüfte
- u.v.m.
Das bedeutet im Umkehrschluss, eine genaue Anamnese und Untersuchung ist hier von großer Wichtigkeit, um keine Fehldiagnose zu stellen!
Wie entsteht eine Schambeinentzündung?
Wie schon erwähnt, setzen am Schambein viele kräftige Muskeln an. Und zwar genau jene, die an der Schussbewegung beteiligt sind, was zu der Folgerung führt, warum so viele Fußballer davon betroffen sind. Durch eine zu hohe und zu langanhaltende Zugbelastung der Muskeln am Knochen kann am Ende eine Entzündung entstehen. Es stellt sich allerdings die Frage, warum ein Fußballer bei gleichem Training in der einen Saison eine solche Verletzung erleidet und in der anderen nicht.
Da ich ein Freund von umfangreicher Behandlung bin, reicht mir das nicht für die Fragestellung aus. Also sollte man weitere mögliche Ursachen in Betracht ziehen, wie zum Beispiel, ist eventuell die anatomische und biomechanische Gegebenheit des Spielers verändert? Hat er vielleicht muskuläre Dysbalancen, die den Zug auf den Knochen verstärken?
Welche Symptome hat eine Schambeinentzündung?
Typisches Symptom ist der Anlaufschmerz in der Leistengegend nach dem Aufstehen oder nach langem Sitzen, welcher nach einiger Zeit in Bewegung wieder verschwindet.
Bei der ärztlichen Untersuchung versucht man den Schmerz über das Abtasten und einen Funktionsbefund zu provozieren. Des Weiteren können auch bildgebende Verfahren, wie ein MRT, die Diagnose festigen.
Wie therapiert man eine Schambeinentzündung?
In erster Linie ist eine Sportpause angesagt. Diese kann auch mehrere Monate dauern. Zusätzlich verschreibt der Arzt unterstützend entzündungshemmende Medikamente.
Für mich als Physiotherapeutin ist natürlich die Ursachenbekämpfung das Wichtigste. Sollte diese nicht behoben werden, zieht sich die Verletzung weiter in die Länge und das Risiko einer erneuten Entzündung wächst.
Mein persönliches Fazit:
Nehmt Leistenschmerz nicht auf die leichte Schulter. Eine gründliche Untersuchung von mehreren Fachleuten ist wichtig, um Fehldiagnosen zu vermeiden und den richtigen Therapieansatz zu finden!
Zur Person:
Hanna Wawrowicz ist ausgebildete Physiotherapeutin seit 2010. Sie betreute bisher die Mannschaften der SG Quelle Fürth, Dergahspor, ASC Boxdorf, FC Bayern Kickers und die Frauenmannschaft des 1.FC Nürnberg.
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