Benjamin Cortus im Interview: Ganz oben steht die Kommunikation! - fussballn.de
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Artikel veröffentlicht am 21.12.2019 um 07:00 Uhr
Benjamin Cortus im Interview: Ganz oben steht die Kommunikation!
Die SpVgg Greuther Fürth hatte zur Podiumsdiskussion zum Thema Gewaltprävention in Zusammenarbeit mit dem BFV und Puma geladen. Über 50 Gäste aus über 20 Vereinen aus dem Bezirk Mittelfranken waren der Einladung gefolgt. Im Nachgang konnte fussballn.de mit Bundesliga-Schiedsrichter Benjamin Cortus im Interview einige Themen konkretisieren.
Von Marco Galuska
Benjamin Cortus im Interview mit fussballn.de
fussballn.de / Strauch
Insbesondere in den letzten Monaten scheinen die Vorfälle auf den Sportplätzen der Umgebung zuzunehmen. Wie sehen Sie die aktuelle Situation?

Benjamin Cortus:
Ich glaube nicht, dass die Anzahl der Vorfälle sonderlich zugenommen hat. Vielmehr hat sich in der heutigen Zeit einiges geändert. Jeder ist mit einem Smartphone ausgestattet, da machen dann Handy-Fotos und -Videos in den sozialen Medien schnell die Runde. Früher war das anders, da gab es einen Dreizeiler oder einen Bericht im Lokalblatt, der dann manchmal einfach überblättert und nicht entsprechend aufgenommen wurde. Bewegte Bilder wirken da viel drastischer als geschriebene Worte.

Wir haben bei der Podiumsdiskussion einige Punkte genauer diskutiert. Für all die Vereine, die nicht selbst vor Ort sein konnten, was sind ein bis zwei Dinge, die diese Vereine auf jeden Fall erfahren sollten?

Cortus: Ganz oben steht die Kommunikation: außerhalb der Spieltage von Vereinen untereinander. An den Spieltagen selbst vor dem Spiel zwischen den Vereinen, den Verantwortlichen, Verein und Schiedsrichtern. Während des Spiels aus Schiedsrichter-Sicht mit den Spielern, eventuell auch mit den Trainern. Und auch wichtig, durchaus nach dem Spiel noch einmal, wenn die Emotionen heruntergefahren sind, dass man einen sachlich-fachlichen Umgang pflegt. Auch die eine oder andere Situation bespricht, warum hat es der eine so gesehen, der andere anders. Am Ende sollte man mit einem Handshake und Respekt füreinander auseinandergehen können.

Sie kennen beide Seiten - Amateurklassen und Profibereich - gibt es dabei eine verschiedene Toleranzgrenze beim Umgang von Spielern und Trainern mit Schiedsrichtern?

Cortus: Das ist schwer zu sagen. Wesentlich schwerer haben es eindeutig die Schiedsrichter im Amateurbereich. Im Profibereich sind wir da deutlich besser geschützt, wir haben einen eigenen Fahrdienst, haben keinen Kontakt zu Zuschauern und Fans. Das ist im Amateurbereich nicht wegzudenken. Da können die Leute an den Sportplätzen von außen anders einwirken, verbal oder gar körperlich.

Waren Sie bereits selbst schon mal in einer Situation, in der Sie mit körperlicher Gewalt zu tun hatten oder Ihnen Gewalt angedroht wurde?

Cortus: Zum Glück nicht. Körperliche Gewalt kam bei mir noch nicht vor. Was Androhungen anbelangt, so habe ich mir im Laufe der Jahre angewöhnt, dass Rufe im linken Ohr rein, im rechten wieder rausgehen.

Nun wird seit dieser Saison das Thema Unsportlichkeiten im Amateurbereich etwas genauer unter die Lupe genommen. Beispiele wie das Ball wegtragen vor einem Freistoß oder das kurze Ball wegspielen ist nach Vorgabe des BFV zu sanktionieren. Auf den Sportplätzen der Amateure wird das in der Regel so umgesetzt, in der Bundesliga macht dies weniger den Anschein. Täuscht da die Beobachtung?

Cortus: Ein bisschen ist das sicherlich so. Der BFV hat dazu konkrete Vorgaben für seine Klassen vor der Saison gemacht. In den ersten beiden Ligen hat die Deutsche Fußball-Liga das Mitspracherecht. Das während der Saison umzustellen, wäre schwierig, da muss man schon das ganze Spieljahr betrachten.

Welche Tipps kann man als Bundesliga-Schiedsrichter den Schiris in der Kreisklasse mitgeben? Wie sollte man am besten deeskalierend einwirken?

Cortus: Ganz klar: viel über Kommunikation machen! Nicht darauf warten, bis beispielsweise bei einem Trainer das Fass zum Überlaufen kommt und - seit dieser Saison - dann mittels Disziplinarkarten Strafen auszusprechen. Besser geht man da schon vorher beim ersten, zweiten kleineren Reklamieren auf die Leute zu und sagt ihnen, dass es in eine falsche Bahn läuft. Es sollte nicht aus heiterem Himmel für den Trainer eine Rote Karte gezogen werden.

Die Rote Karte gegen Trainer und Funktionäre samt Sperren war ein heißes Thema in den letzten Tagen im Amateurbereich. Kann es da Probleme geben?


Cortus: Probleme für den Betroffenen natürlich. Manchmal braucht es aber vielleicht ein wenig Abschreckung, um beim nächsten Mal darüber nachzudenken, wie ich mich gebe.

Wie muss der Appell lauten an alle Beteiligten, die sich einfach weiterhin einen "normalen Amateurspieltag" wünschen?

Cortus: Der Umgang sollte so sein, wie man es vom Gegenüber auch erwartet. So wie es auch im täglichen Leben Gang und Gäbe sein sollte. Man sollte sich darauf besinnen, was alle an so einem Spiel Beteiligten eigentlich machen: nämlich ein Hobby! Sie spielen Fußball, weil sie Spaß daran haben. Fußball ist Volkssport Nummer eins.

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Hintergründe & Fakten

Personendaten


Benjamin Cortus

- Heimatverein TSV Burgfarrnbach
- 1. Bundesliga seit 2016 (36 Spiele),
- 2. Bundesliga Spiele seit 2011 (70 Spiele) und
- 3. Liga 75 Spiele
(Stand 20.12.2019)



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