4. Juli 1954 - der Weg war vorgezeichnet
Glaubt man Hermann Hempels eigenen Worten, so war bereits am Tag seiner Geburt die Verbindung zum Fußball vorgezeichnet. Am 4. Juli 1954 feierte die Deutsche Fußballnationalmannschaft das "Wunder von Bern". Im Finale der Weltmeisterschaft besiegte die Mannschaft um den zweifachen Final-Torschützen Helmut Rahn die übermächtig erscheinenden Ungarn mit 3:2 und sorgten zum einen für eine absolute Sensation und zum anderen für grenzenlosen Jubel bezüglich des ersten WM-Titels. Fernab des sportlichen Trubels erblickte Hermann Hempel derweil im beschaulichen Nürnberg das Licht der Welt. "Man kann also schon in gewisser Weise sagen, dass es von Anfang an eine besondere Beziehung zwischen mir und dem Fußball gegeben hat", blickt Hempel amüsiert auf die Besonderheit seines Geburtstages zurück. Wie eng der Weg des mittlerweile 65-jährigen aber letztendlich mit dem runden Leder verwoben sein würde, war zu diesem Zeitpunkt aber freilich noch nicht abzusehen.
Teilzeit-Fußballer mit spätem Debüt in der Ersten
Die Liebe zum runden Leder war beim jungen Hermann bereits früh geweckt. Dennoch dauerte es bis zu seinem zwölften Lebensjahr, ehe er beim TSV Johannis 83 den Weg in eine Fußballmannschaft finden sollte. Da er bereits zwei Jahre später auch seine Leidenschaft für das Schiedsrichterwesen entdeckte, blieben die Ambitionen als Fußballer zunächst aber überschaubar. "Als ich als Unparteiischer relativ schnell vorankam, geriet das eigene Fußballspielen schon etwas in den Hintergrund. Ich ging allerdings trotzdem, wann immer möglich, ins Training und spielte, sofern es die Zeit zuließ. Das ging dann auch im Seniorenbereich so weiter, so spielte ich in der Reserve-Mannschaft mit, wenn das zeitlich ging", umschreibt Hempel die eigene Laufbahn als Fußballspieler bei seinen "83ern".
Schon früh entdeckte Hermann Hempel seine Leidenschaft fürs Pfeifen. Hier die A-Jugend der BOL Mittelfranken zwischen Post SV Nürnberg (Kapitän Manuel Bergmüller am Ball) gegen den SK Lauf.
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Der Ehrgeiz, es auch einmal in der 1. Mannschaft am Zeisigweg zu versuchen, entwickelte sich bei ihm erst recht spät und hatte gewissermaßen auch wieder mit besonderen Umständen zu tun: "Ich kam als Schiedsrichter nicht mehr weiter voran, sollte nicht in die Landesliga aufsteigen. Zur gleichen Zeit hatte die 1. Mannschaft ein wenig Personalprobleme. Ich durfte zweimal aushelfen und habe da erst so richtig gemerkt, dass ich doch mithalten kann. Ab diesem Moment wollte ich es dann auch als Fußballer wissen." So kam es, dass Hempel im fußballerisch betrachtet reifen Alter von 28 erstmals für "die Erste" des TSV Johannis 83 auflief. In den folgenden sechs Jahren durfte er insgesamt 245 Partien bestreiten und unter anderem einen Bezirksliga-Aufstieg feiern.
Der Mann an der Pfeife
Für viele ein bekanntes Bild: Hermann Hempel als Unparteiischer an der Pfeife.
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Zu größerer Bekanntheit brachte es der Johanniser auf dem Sportplatz dennoch an der Pfeife. Mit 14 Jahren absolvierte er die Schiedsrichterprüfung und leitete im Anschluss erste Junioren-Partien. Schnell merkte er, dass ihm das Leiten von Spielen große Freude bereitete und so kam es nicht überraschend, dass er recht bald zunächst in den Seniorenbereich und dann Liga für Liga aufsteigen sollte. Letztlich pfiff Hempel Partien bis in die Bezirksliga (zu dieser Zeit die fünfthöchste Spielklasse) hinauf. Als Linienrichter war er gar bis zur Bayernliga (damalige 3. Liga) an der Seitenlinie aktiv. "Das war damals schon eine spannende Zeit. Ich kam in Bayern ganz schön herum und habe das alles sehr genossen. Ich habe wirklich eine Menge gesehen und erlebt und verbinde damit viele tolle Erlebnisse und Momente", bilanziert der passionierte Schiedsrichter. Wie sehr Hempel die Schiedsrichterei liebt, beschreibt derweil der Fakt, dass er nach wie vor noch an der Pfeife aktiv ist: "Zwar nicht mehr in den oberen Ligen, aber es macht mir nach wie vor große Freude!" Das 50-jährige Jubiläum an der Pfeife gab es im Vorjahr, selbst FIFA-Referee Deniz Aytekin ließ sich die persönliche Ehrung nicht nehmen.
Selbst Bundesliga-Referee Deniz Aytekin ließ es sich nicht nehmen, bei Hempels Schiedsrichter-Jubiläum vorbeizuschauen und ein Trikot samt Widmung für das Urgestein zu hinterlassen.
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Die Schiedsrichterprüfung als Türöffner zum Sport-Redakteur
"Das schöne am Amateurfußball ist aus meiner Sicht das wunderbare Miteinander, die Kontakte und Bekanntschaften, die sich mit der Zeit ergeben", erklärt Hempel seine Faszination für den "kleinen Fußball". Einer jener Kontakte sollte für ihn schon früh eine Türe öffnen, die sein Leben nachhaltig verändern sollte. Letztlich kam Hempel über seinen damaligen Lehrer und damaligen Bundesliga-Schiedsrichter Hans Scheuerer erstmals mit der Amateur-Berichterstattung in Berührung: "Er war auch einer der Prüfer bei meiner Schiedsrichterprüfung und wusste daher, dass ich fußballbegeistert war. Durch ihn kam ich dazu, erste Spielberichte für das Fränkische Tagblatt zu verfassen", blickt er auf seine Anfänge als Journalist zurück.
Für die Sportredaktion am Telefon: Hermann Hempel startete seine Laufbahn als NZ-Redakteur 1985.
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Als nach einigen Jahren jene Zeitung eingestampft wurde, erfolgte im Jahr 1985 ein Angebot der Nürnberger Zeitung, was Hempel annahm: "Ich fand es einfach toll, schon am Sonntagabend - also vor allen anderen - über die Geschehnisse Bescheid zu wissen. Außerdem war es auch ein super Gefühl am Montag die Zeitung aufzuschlagen und von sich selbst verfasste Berichte zu lesen. Das macht einen schon stolz." Zwei Jahre später wurde Hempel dann zum Verantwortlichen für den NZ-Bereich Amateurfußball. "Damals gab es ja noch keine anderen Medien. Wir waren zu dieser Zeit schon eine Institution - es war eine aufregende Zeit!" Dass er sein Lehramt-Studium nicht abgeschlossen hat, bereut Hempel indes nicht. Was ihm allerdings schon eher ein kleiner Dorn im Auge war, ist die Tatsache, für manchen recht schnell als "Fachidiot" zu gelten.
Die NZ-Sportredaktion zum Fototermin im Stadion: Hermann Hempel (unten rechts) war zwar der Kopf des Amateurfußballs, aber auch für andere Sportarten zuständig.
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Dabei, so merkt er an, "war ich bei der NZ nicht nur für Fußball-Berichte zuständig, sondern habe auch viele andere Sportarten begleitet. Und eines meiner größten Hobbys ist nach wie vor das Lesen von Büchern. Ich finde es wichtig, über den Tellerrand hinaus zu schauen und seinen Horizont zu erweitern." Für jenes Hobby hat Hempel nun deutlich mehr Zeit. Kein Scherz: seit dem 1. April diesen Jahres verabschiedete er sich nach über vielen Jahren als Redakteur in den wohlverdienten Ruhestand. Dass der Amateurfußball seitdem aufgrund Corona ruht, es passt irgendwie zur persönlichen Geschichte, die einst am Finaltag der WM 1954 begann.
Hermann Hempel war auf den Sportplätzen der Region zuhause - und dabei für jeden Spaß zu haben.
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Auch Trainer, Mentor und Eventplaner
Dass der 65-jährige seinem TSV Johannis 83 äußerst verbunden ist, wird alleine schon dadurch verdeutlicht, dass er sowohl als Spieler, als auch als Unparteiischer nie für einen anderen Verein auflief. Doch damit nicht genug: darüber hinaus engagierte sich Hempel auch über einige Jahre als Jugendtrainer und war auch bei anderen Junioren-Teams wichtiger Ansprechpartner und sogar Eventplaner: "Die Gemeinschaft war mir immer das Wichtigste. Ich habe versucht, den Jugendlichen ein Ansprechpartner zu sein. Dazu gehörten natürlich auch Aktivitäten außerhalb des Fußballplatzes. Wir hatten beispielsweise immer Mal wieder ein Fußballquiz oder ein regelmäßiges Squash-Turnier, was ich beides organisiert hatte. Das hatte lange Jahre Bestand. In späteren Jahren ging es dann im Anschluss auch gerne mal in eine Wirtschaft", berichtet der allseits beliebte Neu-Rentner.
Beim alljährlichen Presse-Bowling mischte Hermann Hempel (2.v.l.) durchaus erfolgreich mit. Auch der spätere Bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (links) gratulierte.
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Besonders toll findet es Hempel, dass einige Bekanntschaften auch nach all dieser Zeit noch gehalten haben und viele ehemalige Weggefährten sein Engagement nach wie vor zu schätzen wissen: "Das ist doch letztlich das, worauf es ankommt: schöne Momente zu schaffen, an die sich alle gerne zurückerinnern!"
Bei all den Ämtern und Verpflichtungen ist es vor allem das, was bei Hermann Hempel hängen bleibt: die Leidenschaft, Freude und akribische Hingabe, mit der er im Amateurfußball in vielen Bereichen wirkt(e) und dabei nie das Menschliche aus den Augen verlor. Ein Tausendsassa mit großem Herz!