Schwaig-Coach Helmut Rahner: Fußballerseele braucht einen Neustart im Sommer! - fussballn.de
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Artikel veröffentlicht am 15.05.2020 um 14:30 Uhr
Schwaig-Coach Helmut Rahner: Fußballerseele braucht einen Neustart im Sommer!
Als Ex-Profi, Landesliga-Trainer und Fußball-Fan hat Helmut Rahner so ziemlich alle Aspekte der Sportart Nummer eins von Bundes- bis Bezirksliga über mehrere Jahrzehnte erlebt. Über seine Gedanken und Probleme mit der Coronakrise, die Entwicklungen im Fußball und dem bevorstehenden Start mit Geisterspielen haben wir mit dem 49-Jährigen im Interview gesprochen.
Von Marco Galuska
Helmut Rahner wurden durch Corona "sämtliche Lebensinhalte" abgeschnitten, umso mehr freut er sich auf die Bundesliga und die Eröffnung der Biergärten.
Sebastian Baumann
Was macht Helmut Rahner in der fußballlosen Zeit?

Helmut Rahner: Mir wurden praktisch sämtliche Lebensinhalte abgeschnitten: Fußball, Gaststätten, Fitnessstudio - alles nicht möglich! Da wird man zum Hobby-Virologen und verfolgt in den Medien die Entwicklungen. Vor allem auch die ganzen Dinge, wie es im Fußball weitergeht. Ansonsten versuche ich weiter Struktur in meinem Tag zu halten, bin viel mit dem Rad unterwegs, sozusagen als Armstrong vom Reichswald.

Nun geht's mit der Bundesliga am Wochenende los - Vorfreude?

Rahner: Absolut! Ich bin vorbereitet: Sport Bild, Kicker, Bild. Revierderby, Club, da bin ich dann bis zum Montag eingetaktet. Vielleicht werden dann die ersten Biergärten wieder aufmachen nächste Woche. Da kann man dann wieder alle Themen durchdiskutieren. Aktuell ist ja nichts mehr heilig, auch nicht im Fußball.

Möglich ist der Start ja nur durch das ausgearbeitete Hygienekonzept der DFL, ist das machbar?

Rahner:
Die DFL hat da ganze Arbeit geleistet, ein Dossier mit 48 Seiten, ein Konzept "Made in Germany", eins a! Ich hab's mir durchgelesen und bin begeistert - zumindest in der Theorie. Moralisch ist das natürlich diskutabel, aber ich kenne auch keinen Wirt, der nicht mehr arbeiten will.

Und werden es die Spieler auch einhalten?

Rahner:
Naja, theoretisch darf der Stürmer auch keine Schwalbe machen. Ich denke trotzdem, dass sich die meisten daran halten werden, weil da auch die Profis wie kleine Kinder sind und wieder spielen wollen. Aber klar ist auch: wo Menschen sind, passieren Fehler. Und ohne Handy wäre das wohl auch alles ok...

In Uerdingen war man stolz auf die Sauna, zwei Trainer reichten für die gesamte Bundesliga-Mannschaft.
privat

Zu Deiner aktiven Zeit waren Handy-Videos sicher kein Thema. Wie hat sich das Bundesliga-Geschäft in den letzten zwei Jahrzehnten geändert?

Rahner:
Also das Level mit den Trainern, das wir jetzt hier in der Landesliga haben, hatten wir damals in der Bundesliga. In Uerdingen beispielsweise gab es Friedhelm Funkel als Trainer und noch Armin Reutershahn, die haben zusammen im Prinzip alle Aufgaben übernommen, die so angefallen sind. Wir hatten schon damals eine Sauna, da waren wir megastolz drauf. Über die Jahre kamen dann aber ganz andere Sachen dazu: Scouting, Videoanalysten, Marketing. Schon zu meiner Zeit als Trainer bei der Club-Jugend war das dann etwas ganz anderes. Aber als ich 2007 meinen Fußball-Lehrer gemacht habe, da konnten vielleicht drei Leute einen Laptop bedienen - und das waren alles Nicht-Fußballer. Auch die Regeln waren früher klar, da wusste man noch wann ein Hand ein Handspiel ist.

Wenn man jetzt vor der Wahl zwischen Stadion und Sportplatz steht...

Rahner:
 Ich brauche auch als Zuschauer schon immer noch das Stadion. Das fehlt einfach am Wochenende. Diese Atmosphäre, die Kulisse, das kitzelt 20 bis 30 Prozent bei den Spielern raus, da geht man über Grenzen. Bei den Geisterspielen, die es im März gab, habe ich abgeschaltet, aber jetzt ist klar, es geht derzeit nicht anders, also nehme ich es an.

Der Profifußball ist überhitzt! Helmut Rahner sieht die Entwicklung der letzten Jahren skeptisch.
Uwe Kellner

Wie siehst Du aktuell das Bild des Fußballs in der Öffentlichkeit?

Rahner:
Das geht doch schon viel länger so, dass das alles nicht mehr bodenständig ist. Die Neiddebatte geht mit Corona natürlich noch schärfer, aber überhitzt war das ganze Geschäft eh schon. Vielleicht hilft es wirklich, dass die Leute nachdenken und merken, dass man auch mit weniger klarkommen würde. Aus dem Bauch heraus hätte ich auch gesagt, es geht einfach nicht, dass jetzt gespielt wird, aber man muss auch sagen, dass die Vereine aktuell dafür kein Geld vom Staat brauchen. Dennoch habe ich Verständnis, wenn die Leute das so nicht haben wollen.

Gehen wir an die Schwelle zwischen Profis und Amateure. Gerade an der 3. Liga scheiden sich derzeit die Geister. Wäre das vorgeschlagene Konzept mit der zweigleisigen 3. Liga sinnvoll?

Rahner: 
Ich finde, es hätte seinen Reiz und sollte diskutiert werden. Es gibt so viele Vereine in der Regionalliga, die unter Profibedingungen arbeiten, aber mit brutalen finanziellen Risiken. Das Regionalliga-System ist auf Dauer so nicht weiter machbar, zudem gehört es einfach zum Fußball, dass der Meister aufsteigt. Natürlich wäre die Zweiteilung für etablierte Vereine wie z.B. Würzburg ein gefühlter Abstieg, aber wenn man das ganze in zwei Ligen aufteilt, gäbe es auch mehr Derbys. Wir hatten nach der Wende ja auch schon mal eine zweigeteilte 2. Liga, das ist alles machbar. Und jetzt steht wieder ein Umbruch an, den könnte man nutzen, um eine klare Struktur zu schaffen für 3. Liga und Regionalliga.

Zurück zum reinen Amateurfußball - wie siehst du die Rolle des BFV in der Coronakrise?

Rahner:
Zunächst war das alles klar. Der Stopp war nötig, die Gesundheit geht vor. Aber die Frage wie es weitergehen soll, hat mich dann schon überrascht. Für mich ist es als Fußballer so, dass die Saison am 30.6. endet, man könnte vielleicht auch ein Jokermonat dranhängen, aber generell muss dann im Sommer ein Neustart her. Dieser gefühlte Alleingang des BFV gegenüber den anderen Bundesländern und Landesverbänden, und vor allem wie hier die Vereine gelenkt wurden, das ist schon seltsam. 

Kein Freund der Saisonfortsetzung ab September?

Rahner:
Die Fußballerseele braucht die Freude auf einen Neustart im Sommer. Das ist jedes Jahr so, das wäre prinzipiell auch wieder so, auch wenn wir nicht genau wissen, wann es wieder losgeht. Ich habe schon bedenken, dass sich die Leute vom Amateurfußball abwenden, wenn es mit so einer verbrannten Runde weitergehen soll. Und letztlich will ich doch auch an die Bundesliga gekoppelt sein, das wäre dann vorbei, wenn die in der neuen Runde sind und wir immer noch in der alten Saison. Aber ich persönlich glaube nach wie vor nicht dran, dass das auch so kommen wird. Es gibt so viele Argumente, die dagegen sprechen.

Zum Beispiel?

Rahner:
Nach einer so langen Pause von mindestens neun Monaten hat das nichts mehr mit der Mannschaft zu tun, die bisher die Saison gespielt hat. Auch müssen sich Vereine die Frage stellen, ob sie Trainer - oder auch Spieler - für zehn Spiele noch zahlen wollen. Ich weiß nicht, ob ich sowas mitmachen würde. Also ich hätte ein Modell bevorzugt mit Abbruch und Aufsteigern. Setzt den Mannschaften oben die Krone auf, macht das auf einer Quotientenregel, die nachvollziehbar ist, dann sind alle zufrieden. Aber so wie es jetzt laufen soll, ist das nicht gut, das ist alles weit weg von der Basis. Aber das hat man schon bei der Vergabe der WM nach Katar gesehen, dass da im Fußball leider andere Dinge zählen.

Die Vorboten auf eine Rückkehr zum Fußball gibt es ja bereits. Wann fängt beim SV Schwaig das Training wieder an?

Rahner:
Als ich das letzte Woche gehört habe, dachte ich zunächst: Das ist wie ein Traum, wir können wieder trainieren! Aber wir haben dann schnell gemerkt, dass das sehr schwierig ist und solange das rechtlich nicht sicher ist, lassen wir die Finger davon. Wir haben auch keine Eile, sind froh, dass die Krise in Deutschland bisher so gut gemeistert wurde. Klar ist aber auch, dass die Jungs sich wieder sehen wollen und ich auch gerne sehen würde, dass sie wieder mit Ball trainieren und nicht nur laufen.

Am 18. Mai 2019 feierte der SV Schwaig in Kalchreuth die Meisterschaft in der Bezirksliga Nord samt Aufstieg in die Landesliga.
fussballn.de

Am Montag jährt sich der Landesliga-Aufstieg des SV Schwaig...

Rahner:
Ja, wir wollen uns dazu auch treffen. Vielleicht ergibt es sich, dass wir bei uns auf die Tennisplätze können. Die Gemeinschaft ist wichtig, es ist jetzt noch nicht entscheidend, dass wir nächste Woche Fußball trainieren.

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Tabelle Landesliga Nordost

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Trainerstationen H. Rahner

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