Holger Sohla startet Petition: „Fortführung im Nachwuchsbereich eine Katastrophe“ - fussballn.de
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Artikel veröffentlicht am 03.06.2020 um 06:00 Uhr
Holger Sohla startet Petition: „Fortführung im Nachwuchsbereich eine Katastrophe“
Wie geht es mit dem Nachwuchsfußball in Bayern weiter. Seitdem auch Thüringen die Saison vorzeitig beendet und abgebrochen hat, steht der Bayerischen Fußballverband mit seiner Fortführungsstrategie alleine. Jetzt gibt es auch im Freistaat eine Petition für einen Abbruch bei den Junioren. Gestartet wurde sie von Holger Sohla, Jugendleiter beim TSV Grub am Forst.
Von Marco Heumann
„Was im Männerbereich schon keinen Sinn macht, wäre im Nachwuchsbereich eine Katastrophe!“ Der Text der Petition, die Holger Sohla auf den Weg gebracht hat, lässt keinen Zweifel daran, dass für den Jugendleiter des TSV Grub am Forst (Spielkreis Coburg-Kronach-Lichtenfels) an einem Abbruch der Runde kein Weg vorbeiführt.

Bisher gut 300 Unterzeichner

Animiert vom „Erfolg“, den Andreas Ludwig aus Erfurt in Thüringen mit seiner Petition hatte, startete er auf der Plattform openpetition.de ebenfalls eine Unterschriftenak88304tion, mit dem Ziel noch einmal Druck auf die Verantwortlichen in München auszuüben. Unter https://www.openpetition.de/petition/online/bayrische-fussballer-und-vereine-fuer-saisonabbruch-im-nachwuchs kann man sich für ein Saisonende und einen Re-Start mit der neuen Runde 2020/2021 im September stark machen. Gut 300 Unterzeichner gab es bis Dienstagabend. Darunter auch Vertreter der Nachwuchsleistungszentren beim Würzburger FV und bei Don Bosco Bamberg oder Trainer des FC 05 Schweinfurt. In Thüringen gab es insgesamt 2000 Befürworter, die die Petition unterzeichneten.

Als Argumente führt Holger Sohla auf der Plattform unter anderem Probleme beim Übergang der Altersklassen, auf der Kippe stehende Spielgemeinschaften und den drohenden Rückzug zahlreicher Teams, aber auch Wettbewerbsverzerrungen durch Wechsel an (siehe Snippet rechts). Für die Wertung schlägt er, das in fast allen anderen Landesverbänden angewendete Quotientenverfahren vor. Punkte geteilt durch Spiele ergibt – auf Basis der Tabelle vom 13. März – eine Endplatzierung, nach der wiederum die Aufsteiger ermittelt würden. Der Abstieg würde ausgesetzt.

Die Behauptung, dass der BFV mit seiner Entscheidung, die Saison nur aus- und dann ab September fortzusetzen, ein Vorreiter für Deutschland sei, sieht der Jugendleiter durch die Entwicklung der vergangenen Wochen ein wenig ad absurdum geführt. „Die Argumentation ist in sich nicht stimmig.“ Das zeige sich auch daran, dass Bayern mit seinen Weiterführungsplänen inzwischen weitgehend allein und im Jugendbereich, nach dem Saisonende in Thüringen, gar völlig alleine dasteht. „Fast alle Landesverbände haben das inzwischen erkannt.“

Wie geht es im Jugendbereich weiter?
anpfiff.info

Erst da und dann verschwunden

Interessant ist dabei, dass für die Verantwortlichen in Thüringen bei der Entscheidung für den Abbruch offenbar auch Bayern eine wichtige Rolle spielte. Schließlich hieß es in der Pressemitteilung, die am vergangenen Freitagabend vom thüringischen Verband verteilt wurde, dass „sich aus der Kommunikation mit dem Bayerischen Fußballverband die Notwendigkeit ergab, die Saison 2019/2020 im Nachwuchs zu beenden“. Das kann im Rückkehrschluss eigentlich nur bedeuten, dass es auch in Bayern eine klare Tendenz in Richtung Ende der Runde gibt.

Eine Bestätigung dafür war aber bisher vom Bayerischen Fußballverband nicht zu bekommen. Sowohl Verbandsjugendleiter Florian Weißmann als auch Pressesprecher Fabian Frühwirth baten um ein wenig Geduld, bis die zuständige LAG ihre Ergebnisse präsentieren würde. Laut Florian Weißmann solle das wahrscheinlich noch im Lauf dieser Woche geschehen. Ob es eine Nachfrage der Nachbarn aus Thüringen gegeben hat, wurde, auch auf nochmalige Nachfrage, vom BFV-Pressesprecher bis Dienstagabend weder bestätigt noch dementiert.

Interessant ist jedoch, dass der entsprechende Passus in der Pressemitteilung des Verbands im Lauf des Samstags auf der Homepage angepasst wurde. Vom BFV war plötzlich keine Rede mehr. Stattdessen heißt es, man habe sich mit einer „signifikant anderen Ausgangslage konfrontiert und zum Handeln gezwungen“ gesehen. Eine Nachfrage für die Gründe der Änderung beim für die Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Helmut Gerlach, der den Text unterzeichnet, wurde bis Dienstagabend nicht beantwortet.

Abbruch oder Fortsetzung? Das Rennen läuft noch!
anpfiff.info

Abstimmung war eine Farce

Es bleibt also spannend! Holger Sohla will auf jeden Fall weiter für einen Abbruch auch in Bayern kämpfen. Er kann das Verhalten des Verbandes einfach nicht nachvollziehen! „Die Abstimmung bei den Herren war aus meiner Sicht eine Farce“, macht er aus seiner Entscheidung keinen Hehl. „In den entsprechenden Webinaren wurde der Saisonabbruch in einem halben Satz und dann eineinhalb Stunden über die Vorteile der Weiterführung geredet.“ Man habe als Vereinsvertreter zu diesem Zeitpunkt keinerlei Fakten gekannt, die erst jetzt nach und nach offenkundig werden. „Eine erneute Abstimmung mit den neusten Erkenntnissen und Regeln der anderen Landesverbände – Meister steigt auf, keine Absteiger – würde gewiss zu einem ganz anderen Ergebnis führen“, ist er sicher, dass es inzwischen eine deutliche Mehrheit für einen Abbruch auch im Herrenbereich geben würde. Für den läuft inzwischen übrigens in Thüringen ebenfalls eine Petition.

Verband reagiert

Kurz nachdem der Artikel online gegangen war, hat sich auch der BFV bei anpfiff.info gemeldet. Verbandsjugendleiter Florian Weißmann merkte via Facebook-Messenger an, dass sowohl im Bericht als auch in der Petition die klare Aussage des BFV fehle, dass im Juniorenbereich noch keine Entscheidung getroffen worden sei. Das habe er auch Holger Sohla bereits vor einigen Tagen mitgeteilt. „Auch fehlen die Idee, wie der Übergang zu einer neuen Saison gestaltet werden soll (bspw. wird nur von Aufstiegsrechten gesprochen; Abstieg?) und wie ein neues Spieljahr geplant werden soll, damit es am Ende nicht erneut zu einer Abbruch-Situation kommt“, heißt es in der Mitteilung weiter. Das würde allerdings zu einem Gesamtkonzept dazugehören.

Schließlich verweist Florian Weißmann noch auf die Corona-Info-Seiten des Verbands. Dort wurde zur Frage „Wie geht es im Juniorenbereich weiter“ folgendes festgestellt: „Wie schon oft herausgestellt, macht es einen großen Unterschied, Lösungen für Kleinfeld-Teams im Nachwuchs zu finden, bei denen aktuell gar keine Tabelle geführt wird, als bei Frauen oder Männern, bei denen Vertragsrecht oder eine mögliche weitere Wechselperiode im Vordergrund steht. Daher wird die vom Vorstand eingesetzte „Lösungs-Arbeitsgruppe“ (LAG) „Spielbetrieb Juniorinnen und Junioren“ möglichst rasch, aber mit aller Gründlichkeit Lösungen für die drängendsten Fragen erarbeiten. Hierbei spielen Altersklassenübergänge im Nachwuchs eine entscheidende Rolle, natürlich auch der Übergang von den A-Junioren in den Herrenbereich. Es kann und wird also – wie frühzeitig angekündigt – zu unterschiedlichen Lösungen im Jugend- und Erwachsenenbereich kommen. Fakt ist, dass es in Bayern vor dem 31. August 2020 keinen Wettbewerbs-Betrieb geben wird.“

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Leser-Kommentare

Die Petition im Wortlaut

Wir fordern einen Saison-Abbruch 2019/2020 und eine komplette neue Saison 2020/2021 für den Bayrischen Nachwuchs im Fußball. Wir plädieren für einen Abbruch mit Wertung zum Zeitpunkt 13.03.2020, aktuelle Tabelle mit Aufsteiger unter Anwendung der Quotientenregelung (Punkteschnitt pro ausgetragenem und gewertetem Spiel). Auf dieser Grundlage bleiben die Aufstiegsrechte in den jeweiligen Spielklassen bestehen.

Begründung

Der Bayrische Fußballverband hat sich in seinem Beschluss vom 22.04.2020 darauf verständigt, die aktuelle Saison zu unterbrechen und evtl. ab 01.09.2020 weiterzuspielen.

Was im Männerbereich schon keinen Sinn macht, wäre im Nachwuchsbereich eine Katastrophe.

wir verlieren eine komplette Altersstufe

Überregionale Vergleiche sind nicht möglich, jüngere Jahrgänge können sich nicht entwickeln

Spielgemeinschaften stehen auf der Kippe, Mannschaften verlieren ihre Planungen

Rückzüge sind unvermeidbar, Kinder verlieren ihre Teams und Teams verlieren ihre Kinder

Entwicklung der Kids wird verzögert bzw. abgebrochen

Goldenes Lehralter wird ausgebremst

Fehlende Wettbewerbsanreize durch Fortführung der Saison

Umstellung von Kleinfeld auf Großfeld wird erschwert bzw. verhindert

Keine Anpassung der Spielfeldgröße im Rahmen der Altersklassen (extrem wichtig im Grundlagenbereich)

Geplante Spielgemeinschaften sind nicht möglich, Verlust und Rückzug notwendig

B- und A-Jugend-Mannschaften verlieren Spieler an Lehre und weiterführende Bildungswege

kein Konzept ab März 2021

Grenzvereine zu anderen Bundesländern verlieren Spieler an andere Vereine aufgrund besserer Perspektiven (reguläre Altersklassen)

Mannschaften die zurückziehen müssen/wollen, sollen nach Spielordnung/Jugendordnung/Rechts- und Verfahrensordnung zur Verantwortung gezogen werden

Wettbewerbsverzerrung durch erneute Wechselphase (Sperre teilweise nur einen Monat)

wenn ihr auch der Meinung seid das eine Fortsetzung der aktuellen Saison 2019/20 ab dem 01.09.2020 im Juniorenbereich keinen Sinn macht dann unterschreibt bitte die Online Petition und verteilt den Link damit wir das zusammen verhindern!!!

Und weiterteilen nicht vergessen!!!

Ihr habt weitere Argumente. Einfach her damit - Auf Frage drücken und losschicken.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung, TSV Grub a. Forst aus Grub

Link: https://www.openpetition.de/petition/online/bayrische-fussballer-und-vereine-fuer-saisonabbruch-im-nachwuchs


Stimmen zum möglichen Abbruch

Jürgen Stumpf
(Jugendleiter des FC Sand)
Ein Abbruch wäre sicher die beste Lösung, vor allem wäre es eine im Interesse des Jugendfußballs. Für eine Fortsetzung gibt es noch immer viel zu viele ungeklärte Fragen. Was wird mit den U19-Spielern des Jahrgang 2002? Was mit Mannschaften, die nicht mehr regelmäßig antreten, weil es für sie um nichts mehr geht? Wie geht man mit den Altersklassen um? Bei einer Fortsetzung klaut man den Jungs, etliche Monate in ihrer neuen Altersstufe. Was wird mit Wechseln? Im Sinne der Talentförderung kann es nicht sein, dass Wechsel in ein NLZ oder zu einem höherklassigen Verein verwehrt werden. Das schafft aber eine gewisse Wettbewerbsverzerrung. Was, wenn etliche Vereine plötzlich gar nicht mehr genug Spieler in einer Altersklasse haben? Die Vereine wollen und brauchen Planungssicherheit. Die haben sie aber im Jugendbereich nur bei einem Abbruch.
Anita Petermann
(Trainerin U15 JFG Grün-Weiß Frankenwald)
Ich würde einen Abbruch begrüßen, da alles andere eigentlich keinen Sinn macht. Die Altersklassen müssten verschoben werden. Bis wann die Altersklassen wieder angeglichen werden können, wäre eine offene Frage. Die Planung der neuen Saison könnte jetzt von den Vereinen so umgesetzt werden wie im Winter vorgesehen. Da geht es auch darum, wer welche Mannschaft übernimmt und wer auch nach der Sommerpause überhaupt noch zur Verfügung steht. Es würde keine Ärger mit der Wechselfrist geben. Die verschiedenen Jahrgänge verlieren kein Jahr. Es wird ja gerade bei den NLZ-Mannschaften nach Jahrgängen gespielt. Unter Umständen würde man einem Spieler bei einer Fortsetzung die Möglichkeit nehmen, Bayernliga zu spielen. Es gibt noch viele mehr Gründe, um die Saison abzubrechen. Ich denke aber das sind die Wichtigsten.
Jörg Markert
(ATSV Erlangen)
Grundsätzlich wäre es wichtig, dass bei Jugend und Herren im Einklang gehandelt wird. Letztendlich ist es besser, wenn komplett abgebrochen wird, da wir als Vereine bei einer Fortsetzung der Saison einfach viele Probleme haben. Es ist natürlich sehr schade, wenn es dann auch eine Mannschaft wie bei uns betrifft. Da unsere U19 derzeit Tabellendritter ist und wir hier schon die Möglichkeit hätten, noch aufzusteigen. Allerdings ist es wichtig für uns, die alte, verkorkste Saison - verkorkst wegen der Corona-Unterbrechung - abzuhaken und mit einer positiven Stimmung in eine neue zu gehen. Mittlerweile, glaube ich, will keiner mehr, die alte Saison zu Ende spielen. Natürlich müssen dann die richtigen Schritte gefunden werden, so dass es möglichst wenig Verlierer gibt. Letztendlich ist es für die Kinder einfach wichtig, wieder auf dem Platz zu stehen und zu trainieren und wieder zu spielen. Da wir in dieser Woche schon mit dem Training angefangen haben merken wir, dass ein Ruck durch die Jungs geht wieder Ziele zu haben, wieder raus zu können und wieder ihrem Hobby nachgehen zu dürfen. Viele Spieler und Eltern nehmen das Hobby natürlich schon sehr ernst und daher haben sie es schon vermisst. Ich habe allerdings das Gefühl, dass der Verband die Entscheidung noch ein bisschen rauszieht, um möglichst viel Ruhe zu haben.

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