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Artikel veröffentlicht am 01.05.2021 um 11:00 Uhr
Martin Hermann nach Corona: "Vier Wochen wie in einem anderen Körper"
Mitte Oktober erwischte es den Bezirksligisten ASV Zirndorf heftig: Zwei Tage nach dem 2:1-Heimsieg gegen Aufkirchen meldete sich ein Dutzend Spieler krank. Neben den zwölf nachgewiesenen Corona-Fällen erwischte es auch Trainer Martin Hermann, der noch heute Nachwirkungen der Erkrankung spürt. Im Interview spricht der frühere Kicker der SpVgg Fürth über Umstände, die den Fußball in den Schatten stellen.
Von Marco Galuska
Martin Hermann spricht im fussballn.de-Interview auch über seine Covid-Erkrankung und sieht eine Saisonfortsetzung unter Zeitdruck kritisch.
fussballn.de / Schlirf
Seit einem halben Jahr liegt der Amateurfußball nun brach. Wie geht man mit der Situation beim ASV Zirndorf um?

Martin Hermann: Es ist ja allgemein eine ganz schwierige Situation. Ich sehe auch in nächster Zeit leider nicht, dass wir auf dem Trainingsplatz stehen, damit beschäftige ich mich aktuell nicht. Jeder geht mir der Lage anders um. Sicher führt man Telefonate und bleibt so im Austausch, recht viel mehr ist da aber nicht im Moment. Der Sport ist ein wichtiger Teil des Lebens, aber eben nicht der wichtigste. Zuvor kommen Schule und Beruf.

Wie versucht man angesichts der langen Pause als Trainer ein gewisses Fitnesslevel im Team zu erreichen? Gibt es Vorgaben für die Spieler?

Hermann: Überhaupt nicht! Weil es einfach keinen Sinn macht. Ich kann nur gezielt trainieren, wenn ich weiß, wo das Ziel liegt und das ist ja nicht abzusehen. Trainingspläne sind ohne eine zeitliche Vorgabe nicht möglich. Solange bleibt nur, dass sich jeder individuell fit hält, so wie er es für richtig hält. Da kann man schon für sich eine gewisse Grundfitness erreichen. Grundsätzlich merke ich auch, dass die Spieler gewillt sind etwas zu tun. Man sieht sie auch immer wieder beim Joggen oder unterwegs mit dem Mountainbike. Aber das alles ist eben kein gezieltes Fußballtraining.

Nach dem letzten Spiel vor dem Lockdown hat Corona euer Team heftig erwischt. Wie kam es dazu?

Hermann: Wo es letztlich herkam, wissen wir bis heute nicht. Wir haben gegen Aufkirchen in der letzten Minute mit 2:1 gewonnen. Großer Jubel. Zwei Tage später habe ich mich selbst schon nicht so gut gefühlt und bekam dann alle 30 Minuten einen Anruf von einem weiteren Spieler, der sich fürs Training abgemeldet hat. Wir hatten insgesamt zwölf Absagen und haben die Trainingseinheit ausfallen lassen.

Dem Jubel über den Siegtreffer beim Heimspiel gegen den SC Aufkirchen am 17.10.2020 folgten schwere Tage und Wochen für den ASV Zirndorf.
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Kam da schon der Verdacht auf Covid-19 auf?

Hermann:
Im ersten Moment noch nicht, eine Erkältungs- oder Grippewille im Herbst ist ja nicht ungewöhnlich. Doch wir haben dann recht schnell gemerkt, dass da etwas nicht stimmt. Der Reihe nach wurde dann einer nach dem anderen positiv getestet.

Dich hat es auch selbst erwischt. Wie war der Verlauf der Krankheit damals und wie geht es dir heute?

Hermann:
 Ich war körperlich so kaputt, wie ich es noch nie vorher erlebt habe. Ich habe mein Leben lang Sport gemacht, eigentlich jeden Tag - dreimal pro Woche im Fitnessstudio, dreimal pro Woche am Sportplatz und dann am Sonntag noch Tennis mit meiner Frau. Aber durch die Erkrankung hab ich mich vier Wochen lang wie in einem anderen Körper gefühlt. Fünf Minuten spazieren - und ich war kaputt! Zum Glück hatten meine Frau und ich kein Fieber, das war dann erträglich, aber wir waren vier Wochen komplett zu Hause. Bei meiner Frau ist es besser geworden, aber ich habe meinen Geruchssinn fast komplett verloren, auch der Geschmack ist noch nicht wieder vollständig da. Ich hoffe, das bessert sich wieder.

Eher vereinzelt gibt es bisher die Berichte über gravierende Folgen im Zuge einer Covid-19-Erkrankung, insbesondere auf mögliche Organschäden wie am Herzen wird hingewiesen. War dir das vor unserem vereinbarten Gespräch bewusst?

Hermann:
Ja, das habe ich gelesen. Man muss sich mit dem Thema beschäftigen und absolut aufpassen.

Mit der Kenntnis der zahlreichen Covid-Fälle im Team und möglicher Langzeitfolgen - welche Schlüsse zieht man daraus für den Wiederbeginn?

Hermann:
Ich denke, es ist sinnvoll einen Arzt einzubeziehen. Wir sind zwar im Amateurbereich, aber in diesem Zusammenhang muss man professionell sein. Das Thema ist zu ernst, da muss man schon genauer hinschauen. Ich kann zwar keinen zwingen, aber ich werde es jedem dringend empfehlen, ein Blutbild machen zu lassen. Als Trainer bin ich auch ein Stück weit dafür verantwortlich. Bei unseren Spielern waren auch einige komplett ohne Symptome dabei, vielleicht hat es auch jemand gehabt, der es gar nicht weiß. Es ist auf alle Fälle besser, wenn man das abklären lässt. Auch wenn man im Training sicher langsam anfangen wird, ist es doch eine körperliche Belastung, die man seit Monaten nicht mehr hatte.

Viele Kollegen stören sich an der Aussage, die kursierte, wonach drei Wochen Fußballtraining als Vorbereitung genügen hätten sollen. Zudem wurde in der BFV-Spielordnung die Möglichkeit geschaffen, dass man alle zwei Tage spielen könnte, um die Saison zu retten, die nun wohl aber doch nicht mehr zu retten ist...

Hermann:
Man muss sich schon fragen, was das grundsätzlich soll! Hätten wir tatsächlich mit aller Macht den Spielplan durchdrücken müssen? Natürlich freuen wir uns doch alle, wenn wir wieder spielen können. Mit drei Wochen Vorbereitung wären vielleicht auch allesamt gleich wenig fit gewesen. Das weiß doch jeder, was das heißt: einen Schritt zu spät - Muskelverletzungen oder Schlimmeres. Und alle zwei Tage spielen zu lassen - das ist überhaupt nicht machbar! Das hat dann auch überhaupt nichts mehr mit dem eigentlichen Spiel zu tun, da geht's dann nur noch darum irgendwas zu schaffen. Also nein, das kann man vergessen! Von mir aus könnte man auch die ganze Saison vergessen, das hat sowieso nichts mehr mit dem zu tun, mit dem wir 2019 angefangen haben. Ich habe aber auch kein Problem, wenn man Weißenburg bei uns in der Liga aufsteigen lässt und es auch keine Absteiger gibt. Ob wir jetzt in einer solchen Tabelle Dritter sind oder alles annulliert wird - letztlich ist das doch eh alles schon sowas von verzerrt. Wir können nur hoffen, dass wir gesund aus der Sache kommen und dann irgendwann wieder normal gespielt werden kann.

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