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Artikel veröffentlicht am 30.11.2021 um 18:00 Uhr
Differenziert betrachten: "Schiri, ich hab doch den Ball gespielt?!"
Es gilt oft als Ausrede, ist aber eigentlich keine. Nur weil der Spieler, der einen anderen zu Fall bringt, auch den Ball berührt, heißt das nicht, dass es sich nicht um ein Foulspiel handelt. Allerdings haben die Referees dabei einen Ermessensspielraum.
Von Uwe Kellner
Jeder kennt diese Szene: ein Fußballer windet sich schmerzverzerrt auf dem Boden und der andere Fußballer fragt den Schiedsrichter verwundert, warum er ein Foul gepfiffen hat, weil doch der Ball gespielt worden sei. "Ball gespielt" als Begründung gilt nur bedingt und ist keinesfalls eine Ausrede für jede Spielsituation. Der Lehrwart der Forchheimer Schiedsrichtergruppe, Johannes Gründel, versucht Licht ins Dunkel zu bringen. "Das ist tatsächlich eine Frage des Einzelfalls, bei dessen Bewertung viele Faktoren mit hineinspielen", beginnt er seine Ausführungen. Wenn er von Einzelfall spricht, bedeutet das gleichzeitig, dass nicht jede Aktion gleich bewertet werden darf. "Spielt der Spieler den Ball kontrolliert oder berührt er ihn nur zufällig? Ist das Bein am Boden oder in der Luft, ist die Sohle offen? Trifft der Spieler zuerst den Ball oder zuerst den Gegner? Wie ist die Intensität des Einsteigens, kommt es von hinten oder kommt er von vorne?"

Diese Fragen müssen sich die Referees bei der Bewertung eines möglichen Foulspiels stellen. Tendenziell gilt ist ein unkontrolliertes eher zufälliges Ballspielen nicht als "Ball gespielt", genauso wie ein Bein am Boden nicht so schlimm ist wie es Bein in der Luft. Trifft man zuerst den Ball dann den Gegner wird eher weitergespielt als andersrum. "Das sind vor allem Parameter, die in die Entscheidung einfließen, ob die Szene für den Schiri 'drüber' ist. Es kann bei niedriger Intensität auch ein unkontrolliertes Ballspielen dazu führen, dass kein Foul gepfiffen wird. Umgekehrt kann auch beim Bein am Boden Foul gepfiffen werden", erklärt Johannes Gründel. "Als Faustformel kann man sich merken: Wenn das Einsteigen so gefährlich ist, dass es ohne Ball- und ohne Gegnerberührung als gefährliches Spiel abgepfiffen werden würde, sollte man es lieber abpfeifen. Und wenn zuerst der Gegner und dann der Ball getroffen wird, auch, vor allem, wenn der Ball 'durch den Gegner hindurch' getroffen wurde, also zuerst einmal das Bein des Gegners aus dem Weg gegrätscht werden muss."

Weiterspielen oder abpfeifen. Die Schiedsrichter haben einen großen Ermessensspielraum bei der Bewertung von Vergehen, auch wenn der Ball bei einem Foulspiel berührt wird.
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Ermessensspielraum des Schiedsrichters

Die Schiedsrichter haben bei ihren Entscheidungen einen Ermessensspielraum. Das bedeutet, das dasselbe Vergehen an verschiedenen Wochenenden verschieden ausgelegt werden könnte, sofern der Ermessensspielraum des einen Schiedsrichters sich von dem eines anderen unterscheidet. "Der Ermessensspielraum ist relativ groß. Das Regelwerk sagt nämlich, dass es direkten Freistoß geben muss, wenn ein Spieler 'nach Einschätzung des Schiedsrichters fahrlässig, rücksichtslos oder übermässig hart' ein Tackling mit dem Fuß oder einen Angriff mit einem anderen Körperteil begeht. Was dabei „fahrlässig“, „rücksichtslos“ oder „übermäßig hart“ ist, liegt also beim Schiedsrichter", erklärt Johannes Gründel. "Das ist aber auch gut so, weil man Szenen in unterschiedlichen Spielen oder sogar unterschiedlichen Spielphasen unterschiedlich bewerten sollte, um das Spiel ruhig zu halten. Neben der Regelumsetzung ist ja das Spielmanagement, und damit das Ruhighalten des Spiels, die zweite Kernaufgabe des Schiedsrichters. Und um die erfüllen zu können, braucht es Ermessensspielräume, die das Regelwerk dem Schiedsrichter generell ziemlich großzügig gewährt." Alles in allem ist "Schiri, ich hab doch den Ball gespielt" nur manchmal, aber definitiv nicht immer als Argument bei der Bewertung eines möglichen Vergehens als Ausrede tauglich.

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