Manuel Seidel im Interview: Ich wurde belächelt, aber jetzt fahre ich zur WM! - fussballn.de
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Artikel veröffentlicht am 13.04.2022 um 07:00 Uhr
Manuel Seidel im Interview: Ich wurde belächelt, aber jetzt fahre ich zur WM!
INTERVIEW Ein Vierteljahrhundert war Manuel Seidel ganz eng mit dem Fußball verbunden, kaum ein Wunder: Opa Heinz Kreißel war Meisterspieler des 1. FC Nürnberg, Vater Johann Seidel ist Vorstand des TSV Johannis 83. Nun macht der 29-Jährige aber in einem anderen Sport auf sich aufmerksam: Im fussballn.de-Interview der Woche spricht er über seine bevorstehende Teilnahme an der Hyrox-Weltmeisterschaft in Las Vegas.
Von Marco Galuska
Manuel Seidel hat die Hyrox-WM in Las Vegas im Mai vor Augen. Die Qualifikation dazu hat er bereits geschafft.
Sportograf
Auf dem Fußballplatz hat man dich in der jüngeren Vergangenheit nicht mehr gesehen, stattdessen war über Manuel Seidel von einer baldigen WM-Teilnahme zu hören…

Manuel Seidel (29):
Ja das stimmt! Ich habe im Herbst 2019 nach knapp 25 Jahren mit dem Fußball aufgehört und im Crossfit eine neue sportliche Leidenschaft als Einzelsportart gefunden. Nach zwei Jahren Training habe ich mich jetzt für die Weltmeisterschaft im Sportevent „Hyrox“ in Las Vegas im kommenden Mai qualifiziert.

Eine WM in Las Vegas – das hört sich im ersten Moment nach Poker an. Klär uns doch bitte mal über Hyrox auf! Worum geht es und woher kommt es?

Seidel:
(lacht) Für eine Runde im Casino wird sicherlich auch mal Zeit sein. Hyrox ist -leider - noch relativ unbekannt. Es ist ein von der Firma PUMA vor einigen Jahren konzipiertes Workout und organisiertes Sportevent. Das Workout umfasst acht Runden mit jeweils 1km Laufen in Kombination mit einem spezifischen funktionellen Workout – beispielsweise einen Gewichtsschlitten schieben/ziehen, schwer tragen, Ruderergometer und vieles mehr.

Kraft und Ausdauer ist gefragt: Manuel Seidel bei seinem neuen Sport - Hyrox.
Sportograf

Wie ist Hyrox in Deutschland und weltweit organisiert? (Gibt es ein „Mutterland von Hyrox“)

Seidel:
PUMA organisiert in Europa und in den USA über das komplette Jahr immer wieder Events. Im deutschsprachigen Raum ist Hyrox dementsprechend das erste Mal „geboomt“. Man merkt an der steigenden Anzahl der Eventstandorten und Teilnehmerzahlen, dass Hyrox mehr und mehr am Wachsen ist.

Gibt es eigene Vereine, Trainingsgruppen oder ist jeder Athlet ein Einzelkämpfer?

Seidel:
Es gibt immer mehr Menschen, die funktionelle Fitness betreiben. Dementsprechend gibt es sicherlich Vereine und Trainingsgruppen, die dann auch speziell für das Hyrox-Workout zusammen trainieren. Ich selbst trainiere meistens alleine. Beim Hyrox gibt es auch die Möglichkeit zu zweit als Duo anzutreten (Männer, Frauen oder Mixed), weswegen der Sport nicht unbedingt als Einzelsport angesehen werden muss! Auf meinem Youtube-Channel „manu.hybrid“ habe ich für alle Interessierten einen Vlog und berichte über meinen Sport und allem drum herum bis zur Weltmeisterschaft!

Wie viele Athleten gibt es in etwa, die den Sport aktiv betreiben?

Seidel:
Beim letzten Event in München vor ein paar Wochen gingen knapp 1.200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Start. Da kommen mit all den anderen Standorten in Europa und Amerika schon einige zusammen…

Noch einmal speziell zurück zu dir: Wie kommt man vom Fußball, der dir ja gewissermaßen in die Wiege gelegt wurde, zum Kraftausdauersport?

Seidel:
Zuallererst muss ich sagen, dass ich mir schon immer vorgenommen hatte, mal eine Einzelsportart als Wettkampf zu betreiben. Ich habe die 25 Jahre Mannschaftssport mit all den tollen Menschen, von denen so viele Freunde geworden sind, wirklich geliebt und möchte die Zeit absolut nicht missen. Aufgrund einiger Entscheidungen, die ich sportlich, aber vor allem menschlich, nicht nachvollziehen konnte, habe ich mich dann eher als geplant dazu entschieden mal etwas Neues auszuprobieren und bereue diese Entscheidung bisher ganz und gar nicht. Für mich waren die CrossFit-Filme schon immer wahnsinnig inspirierend, weil dort nur Athletinnen und Athleten angetreten sind, die wirklich in ALLEN Bereichen so verdammt fit waren. Egal ob Maximalkraft, Laufen, Rudern, Olympisches Gewichtheben, Turnen – das hat mich einfach sofort absolut gepackt und ich wusste, dass ich das irgendwann auch machen will.

Was ist der besondere Reiz von deinem Sport, der dich vom Ball am Fuß weggebracht hat?

Seidel:
Ganz einfach ausgedrückt: Der Kampf gegen dich selbst. Beim Fußball hast du Teamkameraden, die etwas ausbaden können, wenn du mal keinen guten Tag erwischt hast. Bei meinem Sport bist du auf dich allein gestellt. Das Lehrreichste, was man so gut wie jeden Tag lernt ist, dass du um einiges leistungsfähiger bist als dir dein Kopf immer wieder versucht einzureden. Es ist unglaublich, zu was der menschliche Körper fähig ist. Das ist glaube ich etwas, das viele Fußballer auch manchmal für die Vorbereitung gut gebrauchen könnten. (lacht)

"Es ist unglaublich, zu was der menschliche Körper fähig ist."
Sportograf

Du hast dich für die Weltmeisterschaft qualifiziert. Nach welchen Kriterien lief das?

Seidel:
Ich bin vergangenen Herbst in Leipzig an den Start gegangen und wurde unerwartet Dritter. Das war sogar so unerwartet, dass wir schon wieder zurück im Hotel waren als ich plötzlich auf mein Handy geschaut habe und uns klar wurde, dass ich die Siegerehrung auf dem Podest verpasst habe! Das war ein sehr kurioser, aber auch lustiger Moment. Ich bin da komplett ohne Erwartung rein, hatte mir eine gewisse Zeit vorgenommen und hab‘ einfach Gas gegeben.

Wie hat dein Umfeld auf den WM-Teilnehmer Manuel Seidel reagiert?

Seidel:
Ich denke, meine sportliche Veränderung wurde in meinem Umfeld anfangs größtenteils nur belächelt und jeder dachte sich, dass ich sowieso bald wieder zum Fußball zurückkommen werde. So langsam aber merken mehr und mehr, dass ich die harte Arbeit, die ich täglich reinstecke, wirklich auch ernst nehme und darin voll aufgehe. Mein näheres Umfeld hat mich immer unterstützt und sich riesig gefreut, dass ich nach Las Vegas darf.

Wie muss man sich dein aktuelles Trainingspensum vorstellen? Geht das im Umfang und Planung schon in Richtung Profisport?

Seidel:
Ich habe seit zwei Jahren mit Kevin Brösamle von FORTIS Performance Systems einen wahnsinnig guten Coach, der mir hilft, meine Ziele zu erreichen. Die Trainingsplanung und der Austausch läuft dementsprechend sehr professionell ab. Das Trainingspensum umfasst je nach Trainingsinhalt seit zwei Jahren fünf bis sieben Einheiten die Woche mit jeweils ca. 45-90 Minuten pro Einheit.

Hinsichtlich der Vorbereitung auf die WM: Mit welchen Gedanken verfolgst du das aktuelle Infektionsgeschehen?

Seidel:
Kurioserweise sitze ich aktuell mit Corona zuhause. Seit dem Pandemiebeginn konnte ich es immer vermeiden mich anzustecken, jetzt ist es während der Wettkampfvorbereitung dann doch passiert - höhere Macht, was will man machen… Ich hoffe, ich bin bald wieder auf den Beinen und kann dann nach einer sportkardiologischen Abklärung wieder ins Training einsteigen.

Hast du dir ein konkretes Ziel für Las Vegas gesetzt oder ist es eher der olympische Gedanke?

Seidel:
Ich habe mir für die Weltmeisterschaft eine gewisse Zeit vorgenommen, die ich schaffen möchte. Die Ergebnisse meiner Kontrahenten kann ich ja nicht beeinflussen, weswegen eine Platzierung als Ziel immer schwierig ist. Wenn ich am Ende des Tages sagen kann, dass ich in der Vorbereitung alles gegeben habe und am Wettkampftag meine Zielzeit geschafft habe, werde ich auf jeden Fall zufrieden sein. Manches kann man beeinflussen, manches eben nicht.

Gibt es Vorbilder oder Idole in der Szene? Wer wäre denn der Hyrox-Messi oder Cristiano Ronaldo?

Seidel:
Die Spitze kann ich mir nicht verkneifen: Es gibt viele hart arbeitende Athletinnen und Athleten in diesem Sport, vor denen man absolut Respekt haben darf, ein ganz besonderes Talent zu haben, das ist aber etwas anderes. Um für Team Deutschland zu sprechen: Tobias Lautwein hält aktuell den Weltrekord mit 56 Minuten und 52 Sekunden und ist ein absoluter Favorit auf den WM-Titel.

Bleiben wir beim Fußball: Welche Vorteile würden denn ein fitter Hyrox-Athlet auf den Platz bringen?

Seidel:
Ich würde sagen, dass die Mannschaft einen unermüdlichen, äußerst robusten Läufer mehr hätte. Wahrscheinlich einer für eine Position auf der Außenbahn oder auch im zentralen Mittelfeld - falls das technische Talent ebenfalls vorhanden ist. (lacht)

Manuel Seidel mit seinem Opa, dem früheren Club-Meisterspieler Heinz Kreißel, der im Prinzip kein Spiel seines Enkels versäumt hat.
privat

Gibt es nach der Hyrox-WM für dich ein Comeback auf dem Fußballplatz oder ist das abgehakt?

Seidel:
Sag niemals nie! Aber stand jetzt werde ich die nächsten Jahre meinen Fokus weiter auf meinen jetzigen sportlichen Weg legen. Nach dem Verlust meines Opas letztes Jahr fühlt sich das auch alles noch nicht so richtig an, wieder auf dem Platz zu stehen. Er hat so gut wie jedes Spiel von mir gesehen, seitdem ich laufen konnte.

Wo wäre der Fußballer Manuel Seidel gelandet, wenn er den aktuellen Ehrgeiz und Trainingsfleiß schon immer mitgebracht hätte?

Seidel:
Was ich den jüngeren, talentierten Fußballern auf jeden Fall auf den Weg geben kann - und was auch so absolut simpel klingt, aber so verdammt wahr ist: Harte Arbeit schlägt immer Talent! Egal in welchen Bereich, egal wie gut du denkst zu sein. Für mich standen immer meine Freunde, die Kameradschaft und der Spaß am Fußball im Vordergrund, weswegen ich zufrieden bin. Mein Opa war stolz auf mich und meinen fußballerischen Weg und das ist alles was für mich zählt. Der Rest ist doch alles immer nur leere Spekulation.

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Steckbrief M. Seidel

Manuel Seidel
Spitzname
Manu
Alter
31
Wohnort
Nürnberg
Familie
ledig
Nation
Deutschland
Größe
173 cm
Gewicht
78 kg
Beruf
Praxismanager
Hobbies
Hyrox, Crossfit, Fußball
Starker Fuß
Linksfuß
Lieb.-Position
zentrales Mittelfeld ("10er")


Spielerstationen M. Seidel


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