Die Eckfahne
flackert im Wind. Tobias Seifert steht beim Stande von 0:0 in der
zwanzigsten Minute zum Standard bereit. Wenige Meter entfernt steht
ein kleiner Junge, den der 29-jährige Mittelfeldstratege der
schwarz-gelben schon bei vorherigen Spielen des Öfteren am
Spielfeldrand wahrgenommen hatte. „Probier‘s doch mal direkt“,
raunt dieser dem Mann mit der Nummer 19 auf dem Rücken auf einmal
unverhohlen zu. Tobias Seifert tut wie ihm geheißen, zieht den
Ecktsoß eng vor das Tor und bejubelt Sekundenbruchteile später wie
das von ihm getretene Leder gegen den langen Innenpfosten klatscht
und von dort zum 1:0 für seine Farben im Netz landet. Ein Treffer
der Marke „absolut sehenswert“. So sahen es auch die
anpfiff.info-Leser, die das zweite Saisontor des Merkendorfers mit
der überwältigenden Mehrheit von 57,1% aller abgegebenen Stimmen
zum Tor des Monats August kürten. Ein Tor mit Folgen, wie der
Kunstschütze im Exklusiv-Interview ankündigte.
Herr Seifert,
Herzlichen Glückwunsch zum Tor des Monats. Einem, das so aber
vermutlich nicht abgesprochen war?
Tobias Seifert:
Vielen Dank. Nein, normalerweise ziehe ich die Ecken scharf auf den
kurzen Pfosten. Aber nachdem der kleine Junge mich angesprochen hat,
hab ich es einfach versucht. Das hab ich in der Vergangenheit das ein
oder andere Mal auch schon gemacht – je nachdem wie der Torwart
steht und ob die Pfosten besetzt sind.
Die Hälfte des
Tores gehört demnach Ihrem kleinen Fan?
Tobias Seifert: Ich
bin direkt nach dem Tor auch nochmal zu ihm gegangen, habe mich für
seinen Tipp bedankt und ihm gesagt, dass er gerne da stehenbleiben
darf (schmunzelt). Auch andere Mitspieler haben mit ihm abgeklatscht.
So haben wir mit dem Tor uns selbst und außerdem noch einen kleinen
Fan glücklich gemacht.
Tobias Seifert weiß mit dem Leder umzugehen - ob bei der Ballannahme oder dem Torschuss.
anpfiff.info
Haben Sie ihm denn
im Anschluss eine Limonade ausgegeben?
Tobias Seifert: Bis
jetzt noch nicht. Aber nachdem es jetzt Tor des Monats geworden ist,
darf er gerne vorbeikommen und dann kriegt er ein Paar Bratwürste.
Was war denn der
Plan als Sie zum Eckstoß antraten?
Tobias Seifert: Wir
haben vom Coach schon Vorgaben für gewisse Standards, wo der Ball
hinkommen soll. Diesmal hab ich ihn einfach hoch in den Wind gelegt
und dass ich natürlich auch eine Portion Glück dabei, dass er so
hinten ins Eck fliegt.
Wenige Wochen später
haben Sie gegen Ebersdorf einen Ball aus gut 25m im gleichen Winkel
versenkt. Gehört dieses risikoreiche gelegentlich einfach zu Ihrem
Spiel?
Tobias Seifert
(lacht): Ich würde nicht sagen, dass ich dafür bekannt bin,
Standardspezialist zu sein. Wenn es die Situation zulässt, versuche
ich einfach mal einen Pass zu spielen mit dem keiner rechnet oder
abzuziehen, damit es vielleicht beim Gegner einschlägt. Jedes Spiel
braucht manchmal Überraschungsmomente, die das Match auf die eigene
Seite kippen lassen.
Das 1:0 gegen
Burgebrach war definitv so ein Moment…
Tobias Seifert: Auf
jeden Fall. Burgebrach hat uns bis zu diesem Zeitpunkt jede Menge
Druck gegeben. Nach dem Tor ist das Spiel in unsere Richtung
gefallen. Am Ende haben wir deutlich 3:0 gewonnen, aber beim Stande
von 0:0 hatte Burgebrach ehrlicherweise sogar Vorteile.
Ist Ihnen früher
denn auch schon mal ein „Tor des Monats“ gelungen?
Tobias Seifert: In
der Saison 2009/10 spielte ich für den SV Memmelsdorf unter meinem
großen Förderer Norbert Schlegel in der Bayernliga. Im Heimspiel
gegen FC Ingolstadt 2 kam eine Flanke von der rechten Seite, ich habe
den Ball mit der Brust angenommen und dann von knapp außerhalb des
Sechzehners volley draufgehalten. Der Ball ist an der Unterkante der
Latte angeschlagen und dann ins Netz. So ein Tor bleibt einem schon
im Gedächtnis. Ich habe mich beim Jubel hingekniet und so getan als
hätte ich eine Bazooka auf der Schulter. Das gab in der Presse dann
die Überschrift „Seifert packt die Bazooka aus“.
Das Tor des Monats August: Tobias Seifert trifft zum 1:0 in der Bezirksliga-Begegnung für den SV Merkendorf gegen TSV Burgebrach - und bedankt sich anschließend beim "kleinen Torflüsterer".
Welche Bedeutung hat
es für Sie, das Tor des Monats geschossen zu haben – außer dem
nachhaltigen Gefühl, einen unvergesslichen Treffer erzielt zu haben?
Tobias Seifert: Ich
finde es super, dass es ein Portal wie anpfiff.info gibt. Das ist
eine große Anerkennung für uns Amateurfußballer. Jeder von uns
hatte früher doch einmal den Traum Profi zu werden, vor vielen
Zuschauern und einer Kamera zu spielen. Auch die Topspiele haben
schon einen hohen Stellenwert in der Region. Für mich war es sicher
ein Glück, dass bei dem Tor eine Kamera gelaufen ist. Deswegen muss
man die Kirche auch im Dorf lassen. Ich habe in der Bezirksliga ein
Tor geschossen. Das braucht man nicht größer machen als es ist.
Daher geht es mir nicht um einen Pokal oder eine Wertprämie. Es ist
alleine schon etwas Besonderes, dieses Interview führen zu dürfen.
Das ist eine schöne Anerkennung.
Vielen Dank für die
verbalen Blumen. Wobei Sie sicher auch von Freunden jede Menge
Anerkennung erhalten haben…
Tobias Seifert: Als
die Wahl zum Tor des Monats veröffentlicht wurde, habe ich in der
Tat viel Zuspruch in Form von Anrufen und Nachrichten bekommen.
Merkendorf ist ein positiv verrückter Fußballverein. Daher ist es
schön, dass der Verein durch mein Tor auch ein bisschen im Fokus
steht.
Fußballverrückt?
Sie dürfen gerne ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern…
Tobias Seifert
(lacht): Ich selbst klicke durchaus regelmäßig auf anpfiff.info,
aber meine Frau Vanessa, Spielleiter Franky Schneider oder unser
Torjäger Marc Dürbeck kennen die Seite von A bis Z. Wenn die drei
sich unterhalten steigt der Rest jedes Mal aus. Marc Dürbeck wollte
ich einmal aus der Reserve locken und habe ihn gefragt, wer
Toptorjäger der Spielgemeinschaft in Ampferbach ist. Aber auch das
kam wie aus der Pistole geschossen..
Apropos „aus der
Pistole geschossen“. Klären Sie uns doch bitte auf, wie Sie zu
Ihrem Spitznamen „fourty“ gekommen sind?
Tobias Seifert
(lacht): In meinem ersten Herrenjahr beim SV Memmelsdorf sind wir in
die Bayernliga aufgestiegen. Mario Meth hatte 37 Tore in der
Landesliga erzielt. Nach zwei Flaschen Baccardi im Mannschaftskreis
hat Michael Massak mir damals den Satz entlockt, dass ich dann im
nächsten Jahr eben 40 schieße. Tatsächlich waren es dann acht –
aber das war als 18-Jähriger auch vollkommen in Ordnung.
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