Die Aschaffenburger hatten sich im Vorfeld der Partie einiges vorgenommen. Man wollte die offene Rechnung aus dem Hinspiel begleichen, als man über weite Strecken die bessere Mannschaft war, die Kickers aber am Ende durch Cleverness und Effizienz drei Punkte vom Schönbusch entführten. Personell konnte Trainer Antonio Abbruzzese aus dem Vollen schöpfen, der nach seinem Bänderriss wiedergenesene Regisseur Marcello Fiorentini stand sogar in der Startelf. Auch Torjäger Giulio Fiordellisi stand nach überstandener Grippeerkrankung auf seiner angestammten Position im Sturmzentrum. Abbruzzeses Gegenüber, Dieter Wirsching, hingegen hatte einige Ausfälle zu verkraften. So fehlten beispielsweise Abwehrmann Alexander Konjevic sowie Carl Murphy. Doch es sollte sich schnell zeigen, dass auch die Elf, die letztlich auf dem Platz stand, durchaus Fußball spielen kann. Zudem kam es zum Wiedersehen des bei der Viktoria in Ungnade gefallenen Joseph Mensah mit seinen ehemaligen Kollegen.
In der Anfangsphase hat Ricardo Döbert alle Hände voll zu tun, die Hausherren beginnen furios.
Georg Meyer
Denn die Kickers machten sehr schnell und eindrucksvoll klar, wer hier Herr im Hause war. Passend dazu in Rot gekleidet, legte die Wirsching-Elf los wie die sprichwörtliche Feuerwehr und sorgte schon in den ersten fünf Minuten der Partie für einige offene Münder auf der Tribüne. Den Anfang machte in der zweiten Minute der emsige und durchsetzungsstarke Ricardo Borba, der nach einer Kopfballvorlage von Sturmtank Christopher Bieber einfach mal beherzt draufhielt und somit Gästekeeper und Namensvetter Ricardo Döbert zu seiner ersten Parade zwang. Die anschließende Ecke bedeutete weitere Gefahr, als der aufgerückte Andreas Bauer zunächst per Flachschuss scheiterte und direkt im Anschluss erneut Borba seine überragende Schusstechnik präsentierte, als er die Kugel in Richtung langes Eck schlenzte, erneut konnte Döbert zur Ecke klären (3.). Die Gäste aus Aschaffenburg hatten in dieser Phase Glück, nicht schon früh überrollt zu werden und hatten sichtlich Probleme, Struktur in ihr Angriffsspiel zu bringen. Nach sechs Minuten gab es dann die erste Ecke für die Viktoria, Matthias Fries zog aus dem Rückraum ab, sein Schuss flog aber weit am Kasten von Daniel Tsiflidis vorbei. Aber in der Folge gab es zumindest einmal so etwas wie Entlastung auf Seiten der Gäste, man versuchte nun, über den Kampf und den Einsatz in dieses Spiel zu finden. Die beiden Spitzen, Fiordellisi und Amrhein, mühten sich bis dahin vergeblich, zu gut wurden beide in der Anfangsphase von Bauer und Sonnenberger "betreut". In der 13. Minute gab es die erste Co-Produktion der beiden Stürmer zu sehen, als Amrhein den Ball in der Spitze gut behauptete und auf seinen dazueilenden Kollegen Fiordellisi ablegte, dessen Schuss aus etwa 20 Metern zischte aber links am Tor vorbei. Nur zwei Minuten später hätte es dann fast geklingelt im Tor der Kickers. Daniel Cheron setzte sich schön auf der rechten Außenbahn durch und flankte auf Höhe der Grundlinie in den Sechzehner, der verdutzte Giulio Fiordellisi konnte den Ball allerdings nicht kontrollieren und zielte zwei Stockwerke zu hoch. Die Hausherren waren weiterhin feldüberlegen, vor allem Ricardo Borba zog immer wieder zu schnellen und gefährlichen Sprints an, Christopher Bieber machte schon im Mittelfeld durch seine Länge die meisten Luftduelle zur Chefsache. Doch die Viktoria hatte sich zunächst vom Schock des frühen Sturmlaufs der Hausherren erholt, Markus Horr, Marcello Fiorentini und auch Simon Schmidt waren um Ordnung im Mittelfeld bemüht. Zwingende Chancen gab es allerdings fast ausschließlich auf der Gegenseite zu bewundern, Ricardo Döbert war stets gefordert, wie auch bei einer leicht abgefälschten Bogenlampe von Bieber, die zu einer der zahlreichen Ecken führte (28.). Die Hausherren wollten die Führung nun erzwingen, Rechtsverteidiger Jens Trunk schaltete sich immer öfters ins Offensivspiel ein, sein strammer Schuss von halbrechter Position zischte nur knapp über sein Ziel (30.). Für vereinzelte Entlastung und einen Hauch von Torgefahr sorgte in dieser Phase des Spiels lediglich Giulio Fiordellisi, dessen Kopfbälle (38.,42.) allerdings leichte Beute für Tsiflidis waren. Kurz vor der Pause hatten die Aschaffenburger schon den Torschrei auf den Lippen, als es nach einem Freistoß von Markus Horr zu einer Doppelchance für die Viktoria kam. Doch weder Fiordellisi, noch Fiorentini, der im Nachsetzen abzog, schafften es, die Kugel im Gehäuse unterzubringen (43.). So blieb es zur Halbzeit bei dem für die Gäste leicht schmeichelhaften 0:0.
Es entwickelte sich ein rassiger Kick. Hier kämpft Giulio Fiordellisi vor den Augen seines Trainers Antonio Abbruzzese um den Ball.
Georg Meyer
In der Kabine muss Abbruzzese wohl den richtigen Ton getroffen haben, seine Spieler kamen wie verwandelt aus der Pause. Mit einem Unterschied, die Gäste nutzten sofort ihre Chancen, bereits in der 50. Minute fiel der Führungstreffer. Der Torjäger vom Dienst, Giulio Fiordellisi, stand nach einem stramm getretenen Freistoß von Markus Horr goldrichtig und netzte aus zwei Metern unhaltbar ein. Das Tor war wie ein Weckruf für die Gäste, plötzlich warfen die Aschaffenburger alles in die Waagschale, waren griffig in der Balleroberung und gingen viel mehr Risiko im Spiel nach vorne. Doch das sollte sich nur wenig später rächen. Der Ex-Viktorianer Joseph Mensah, der eine engagierte Leistung im defensiven Mittelfeld ablieferte, eroberte sich die Kugel und steckte diese sofort auf den rechts gestarteten Ricardo Borba durch. Ricardo Döbert versuchte zu retten, was zu retten war und stürmte auf den heraneilenden Borba zu. Dieser behielt aber die Nerven, spielte Döbert mit einer Körpertäuschung aus, ließ auch noch Brüdigam ins Leere laufen und schob zum Ausgleich ein (57.). Eine klasse Aktion von Borba, der insgesamt auch der auffälligste Akteur auf dem Feld war. Kickers-Trainer Dieter Wirsching reagierte nun, brachte den baumlangen Stürmer Christian Dan für Nicolas Wirsching. Mit den beiden Brechern Bieber und Dan im Sturmzentrum sollten die Bälle vorne behauptet werden. Doch die Viktoria ließ nicht locker, zog weiterhin ihr überlegtes und schnelles Kurzpassspiel auf und kam damit immer wieder zu guten Gelegenheiten. In der 62. Minute wären die Gäste fast auf kuriose Art und Weise in Führung gegangen, als Fiordellisi auf rechts durchgebrochen war. Seine scharfe Hereingabe führte fast zu einem Eigentor von Andreas Bauer, der zur Ecke klären wollte. Nach dieser Aktion war Schluss für den emsigen Marcello Fiorentini, dessen Luft nach wochenlanger Verletzung noch nicht für komplette 90 Minuten reichte, für ihn kam Nico Koukalias. Dieser Wechsel war ein offensives Signal von Trainer Abbruzzese, der quirlige Koukalias fügte sich sofort ein und sorgte für Tempo in der Vorwärtsbewegung. Eine gute Viertelstunde vor Ende dieser attraktiven Partie hatte Giulio Fiordellisi dann noch einmal den Siegtreffer auf dem Stiefel. Nach einer schönen Kombination über Horr und Cheron, der den Ball von links auf Fiordellisi querlegte, zwang der Deutsch-Italiener den Würzburger Keeper Tsiflidis aus zehn Metern zu einer Glanztat. Die Gäste wollte hier drei Punkte mitnehmen, legten eine beherzte Schlussoffensive hin. Doch auch die Hausherren kamen noch zu vereinzelten Chancen, der eingewechselte Adrian Graf verfehlte aber das Tor aus 16 Metern knapp (86.). Danach war Schluss, beide Trainer fielen sich in die Arme und gratulierten sich zu den guten Leistungen ihrer jeweiligen Mannschaften.
Es blieb somit beim 1:1-Unentschieden. Dieses Ergebnis beudeutet zwar für keine der Mannschaften einen entscheidenden Fortschritt in der Tabelle, doch angesichts der völlig unterschiedlichen Halbzeiten geht es vollauf in Ordnung. Das sahen nach Abpfiff auch beide Trainer ähnlich. Die 512 Zuschauer sahen auf schwierig zu bespielendem Boden ein sehr gutes Regionalligaspiel.
Spielbericht eingestellt am 18.11.2012 08:14 Uhr