Der Würzburger FV konnte mit breiter Brust in das Duell der beiden Traditionsvereine gehen, wurden doch die letzten fünf Partien nicht verloren. Allerdings sieht die Bilanz der Würzburger gegen Hof ausbaufähig aus, zudem datiert der letzte Sieg aus dem Juli 2010. Im Vergleich zum Derby in Großbardorf nahm WFV-Trainer Christian Graf zwei Änderungen vor: Jan-Peter Grunz kehrte nach überstandener Adduktorenverletzung wieder zwischen die Pfosten zurück und Kevin Dees ersetzte den verletzten Fazdel Tahir. Gäste-Trainer Faruk Maloku nahm im Vergleich zum 1:0 gegen Aubstadt nur eine Änderung vor: Für Marcel Findeiß stand Daniel Hacker in der Startelf. Mit Bayern Hof reiste nicht nur ein Regionalligaabsteiger nach Unterfranken, sondern auch die beste Abwehr der Liga – Letzteres hatte sich 90 Minuten später allerdings erledigt, so viel kann man vorwegnehmen.
Die bis zum heutigen Tag beste Abwehr der Liga stand in der ersten Hälfte noch sicher und auch in diesem Zweikampf ließen Harald Fleischer (li.) und Cosmin Adrian Ichim (re.) dem Würzburger Andreas Zehner keine Chance.
Nicolas Rupp
Bayernliga, der Tabellenzehnte traf auf den Achten, es war alles bereit für ein Mittelfeldduell, in dem lediglich der Würzbuger FV noch ein wenig nach unten in Richtung Relegationsplätze schielen muss. Entsprechend der Platzierungen begann das Spiel gemächlich und wurde dominiert von zwei sehr sicher stehenden Viererketten. Die Heimelf erspielte sich eine leichte Überlegenheit und versuchte, sich in Richtung Hofer Strafraum durchzukombinieren. Doch zumeist scheiterten die Versuche an der oberfränkischen Defensive, die zumindest in der ersten Halbzeit zeigte, dass sie zu Recht die stärkste der Liga ist. In der Abteilung Attacke fiel Hof dagegen fast ausschließlich durch Abseitspositionen auf, alleine in der ersten Hälfte hob der Schiedsrichterassistent sieben Mal die Fahne. Zumeist war es Banjamin Buksch, der zu früh in die Lücke startete und in die Abseitsfalle lief. Fast eine halbe Stunde dauerte es, ehe die Zuschauer mit einem Fernschuss von Michael Dellinger den ersten Schuss auf ein Tor sahen (29.). Doch langsam aber sicher fanden beide Mannschaften leichter den Weg in Richtung gegnerisches Gehäuse. Hof zeigte sich erstmals in der 37. Minute gefährlich vor dem Würzburger Tor, als Buksch einmal nicht im Abseits stand und alleine auf Jan-Peter Grunz zulief. Doch statt es alleine zu versuchen, vertändelte er die Chance mit einem ungenauen Querpass auf Christian Brandt. Würzburgs Innenverteidiger Rene Schäffer konnte klären. Der darauffolgende Eckball brachte die nächste Möglichkeit, diesmal für Andreas Knoll. In seiner besten Szene des Spiels schlenzte der Hofer Außenstürmer die Kugel Richtung Winkel, Grunz konnte gerade noch zur erneuten Ecke klären. Würzburg fiel vor dem Pausenpfiff lediglich noch einmal durch einen Fernschuss des äußerst agilen Dellinger auf, doch Andreas Schall im Hofer Kasten konnte nach einer kurzen Unsicherheit parieren. Insgesamt brauchte die erste Halbzeit eine halbe Stunde Anlaufzeit, bis sie Fahrt aufnahm. Die Tore sollten jedoch erst nach Wiederanpfiff fallen – daür aber quasi am Fließband.
Simon Heim (li.) ging weite Wege und stört hier Kura im Mittelfeld.
Nicolas Rupp
Beide Teams kamen mit viel "Verve" aus den Kabinen und es war die Heimelf, die zuerst daraus Kapital schlagen konnte. Eine Flanke des jungen WFV-Stürmers Lukas Weimer bugsierte der Hofer Abwehrmann Andre Biermeier aus kurzer Distanz und unter Bedrängnis von Simon Heim über die eigene Torlinie – wie schon im letzten Heimspiel gegen Ammerthal war es also ein Eigentor, das die Zellerauer in Führung brachte (56.). Doch die Freude währte nur kurz, sehr kurz sogar. Der Anstoß lag keine 60 Sekunden zurück, das zappelte das Leder auf der anderen Seite im Netz. Tomas Sturm hatte auf der rechten Seite viel zu viel Platz, zog nach innen und hatte Glück, dass Rene Schäffer bei seinem Rettungsversuch den Ball unhaltbar ins Tor abfeilschte (57.). Es ging jetzt Schlag auf Schlag, die gut 300 Zuschauer kamen kaum zum Durchatmen. Wiederum nur wenige Minuten später ging Würzburg erneut in Führung, diesmal verwertete Lukas Weimer ein Zuspiel von Mike Dellinger. Aus der Drehung platzierte der 21-Jährige den Ball an den Innenpfosten und von dort ins Tor (61.). Wer jedoch dachte, dass dieses Tor dem WFV jetzt mehr Sicherheit verleiht, sah sich schon bald getäuscht. Der eingewechselte Maximilian Krauß brachte bei Hof neuen Schwung auf der Außenbahn. Seinen ersten Torschuss konnte Grunz nur in die Mitte abprallen lassen, wo bereits Christian Brandt lauerte und den Ball per Flugkopfball im leeren Tor unterbrachte (70.). Und als ob sich beide Mannschaften ihr ganzes Pulver nur für einen begrenzten Zeitraum aufgehobenen hätten, folgte bereits kurz danach der nächste Aufreger: Krauß wurde auf der linken Seite per Steilpass geschickt und vom herausstürmenden Grunz im Strafraum rüde abgeräumt. Da der Würzburger Keeper aber auch klar den Ball traf, sorgte die Elfmeterentscheidung des Unparteiischen für unverständliche Gesichter auf Seiten der Heimelf (74.). Es folgte die vielleicht entscheidende Szene im Spiel aus Sicht von Bayern Hof: Kapitän Christian Schraps schnappte sich die Kugel, setzte sie auf den Punkt und platzierte sie genau an den linken Innenpfosten – kein Tor! Und als ob sie nun tatsächlich einem Rückstand hinterherlaufen würden, rannten die Zellerauer danach einen Sturmlauf nach dem nächsten auf das gegnerische Tor. Die Belohnung folgte in der 84. Minute: Manuel Kutz verwandelte einen Freistoß aus 25 Metern sehenswert direkt und ließ dem vergeblich springenden Schall im Hofer Tor keine Chance. Von diesem Schlag sollten sich die Gäste nicht mehr erholen, im Gegenteil: In der Nachspielzeit setzte Patrick Hofmann mit dem 4:2 den Schlusspunkt in einem mehr als sehenswerten Bayernligaspiel (93.). Vorausgegangen war dem Tor eine Energieleistung von Simon Heim, der sich von der Mittel- bis zur Grundlinie durchtankte und die Flanke punktgenau zu seinem Mitspieler brachte. Kurz darauf erlöste der Schiedsrichter die Oberfranken mit dem Schlusspfiff.
Mit dem Dreier bleibt der WFV auch im sechsten Spiel in Folge ungeschlagen und rückt bis auf drei Punkte an den heutigen Gegner heran. Der krisengebeutelte Club zeigt also zumindest auf dem Platz, dass er sportlich in die Bayernliga gehört. Der neue Vorstandsvorsitzende Michael Freudenberger, erst vor wenigen Tagen zum Nachfolger von Georg Rosenthal gewählt, kann sich nun also vollends auf die Sanierung des Vereins konzentrieren. Zumindest sportlich läuft es jedenfalls gerade sehr positiv für Coach Christian Graf und seine junge Mannschaft. Bayern Hof dagegen muss den nächsten Rückschlag hinnehmen und verschwindet als letztjähriger Regionalligist gerade im grauen Tabellenmittelfeld der Bayernliga. Auch den Ruf als beste Defensive der Liga ist die Mannschaft von Faruk Maloku nach den vier Gegentoren heute erstmal los.
Spielbericht eingestellt am 26.04.2015 20:54 Uhr