Ganz so unwahrscheinlich schien das mit Platz Zwei nicht. Denn der TSV Großbardorf, der das Hinspiel durch ein Eigentor glücklich mit 1:0 gewann, hatte in elf seiner 14 Heimspiele keinen Sieg geschafft, traf zuvor nur 1,36 Mal im Schnitt vor eigener Kulisse. Das ist die Bilanz eines Absteigers. Und der TSV Aubstadt kam als zweitbeste Auswärtself der Liga zum Nachbarn angereist: Zehn Siege in 14 Begegnungen. Würde es auch zuhause so rund laufen, Rang Zwei hinter Aschaffenburg wäre wohl schon in den Händen der Francic-Elf. Die kam am Mittwoch aber erst nur zu einem 0:0 gegen Kellerkind Schweinfurt 05 2 und stand deshalb im Derby unter Druck. Im Duell der beiden ziemlich nah beieinander liegenden Orte mit jeweils unter 1000 Einwohnern.
Die Aubstadter Julius Benkenstein und Keeper Christian Mack lassen den Großbardorfer Stefan Piecha nicht an den Ball.
Michael Horling
Knapp über 700 Zuschauer sahen zunächst ein bisschen Sommerfußball, ein Abtasten, wenig heiße Szenen. Es blieb zunächst zeit genug, sich mit einer Bratwurst zu versorgen und darüber zu diskutieren, ob die in Großbardorf denn nun wirklich genauso gut ist wie die in Aubstadt. Mitte der ersten Halbzeit rannte zunächst Aubstadts Keeper Christian Mack mit Dominik Grader den eigenen Mann um. Sah anfangs schlimm aus, doch der Innenverteidiger konnte schnell weitermachen. Dominik Zehes allerdings viel zu harmloser Flachschuss mit links war gleich danach die einzige kleine Torchance der Großbardorfer vor der Pause. Drei Minuten später aber machten die Gäste Ernst: Jens Trunk zog ab, der Ball prallte abgefälscht an den Außenpfosten. Es gab einen Eckball - und den verwandelte der aufgerückte Innenverteidiger Julius Benkenstein zum 0:1. Danach dauerte es wieder 18 Minuten, bis etwas passierte. Unmittelbar vor dem Halbzeitpfiff foulte Marcel Hölderle im Strafraum Michael Dellinger. Eiskalt verwandelte Ingo Feser den fälligen Strafstoß. Mit dem 2:0 gingen die Aubstadter natürlich hoch euphorisch in die Kabine.
Aubstadts Martin Thomann (links) setzt sich gegen den Großbardorfer Lukas Illig durch.
Michael Horling
Nach dem Seitenwechsel entwickelte sich ein teils hochdramatisches Derby. Schnell gelang Stefan Piecha das Anschlusstor zum 1:2. Doch keine zwei Minuten später stellte Jens Trunk per Freistoß den alten Abstand wieder her. "Gutes Ding" rief ein Zuschauer schon während der Flugphase des Balles um die Großbardorfer Mauer herum. Die Gallier entworteten keine zehn Minuten später ähnlich. André Rieß setzte einen Freistoßball traumhaft in den Winkel zum 2:3. Vier Minuten später jubelten die Hausherren nochmals, aber verfrüht: Das Leder landete wieder in den Maschen, das Gespann gab des Treffer aber wegen einer angeblichen Abseitsposition nicht. Doch zuletzt war eigentlich ein Aubstadter am Ball... "Ich glaube dem Schiedsrichter....", schmunzelte hinterher Aubstadts Coach Joseph Francic. "Ich nicht", antwortete Großbardorfs Trainer André Betz. "Wenn das 3:3 fällt, dann sehen wir noch ein richtig geiles Spiel..." Im Gegenzug vergab Michael Dellinger die ganz große Chance zur Vorentscheidung. Auch Martin Thomann verpasste das 2:4, scheiterte per Schuss an Marcel Wehr, ebenso der eingewechselte Philipp Kleinhenz. In der Schlussphase dezimierte sich Großbardorf erst selbst durch die Ampelkarte für Marcel Hölderle nach Foul an Björn Schönwiesner. Der ebenfalls frisch gebrachte Christoph Schmidt schoss schließlich im Strafraum an den Arm von Maximilian Zang. Es gab Glatt-Rot und einen Elfmeter, den wieder Ingo Feser verwandelte. Der Rest des Nachmittags? Nur noch Jubel der Derbysieger aus Aubstadt...
Gleich gibt´s Glatt-Rot und den zweiten Elfmeter für Aubstadt: Der eingewechselte Christoph Schmidt zieht ab, trifft Großbardorfs Maximilian Zang am Arm.
Michael Horling
Vier Partien liegen nun noch vor beiden Teams: Der TSV Aubstadt erwartet den FC Sand und den Würzburger FV zuhause zu heißen, weiteren Unterfranken-Derbys, muss auswärts noch nach Eltersdorf und nach Ammerthal. Das ist ein Restprogramm, das sich gewaschen hat. Auch die Großbardorfer werden sicherlich die Saison nicht einfach so austrudeln lassen. Bei Don Bosco Bamberg und bei Erlangen-Bruck treten sie noch auswärts an, in die Bioenergie-Arena reisen noch die Erlenbacher und eher schon die U23 des 1. FC Schweinfurt 05. Und irgendwann, dann würden die Gallier sicherlich auch gerne mal wieder gegen die Erste Mannschaft der Schnüdel spielen. Kaum zu glauben, dass sie noch vor zehn Jahren eine Etage über die Grün-Weißen aus der Kugellagerstadt kickten. Die selbe Liga mit 05 - für Aubstadt kann sich dieser Traum noch erfüllen. "Es ist noch alles drin, alles offen. Die Lizenz haben wir jedenfalls beantragt. Wir werden Dampf ohne Ende machen", sagt Aubstadts Trainer Joseph Francic. "Allerdings werden wir heuer wohl 70 Punkte brauchen für Rang Zwei", mutmaßt er. Letzte Runde reichten dafür 68, Aschaffenburg fuhr sie ein, verdrängte in den letzten Minuten der Saison Aubstadt mit 67 auf Platz Drei. Jetzt haben die Grabfelder 60 Zähler, 72 können es noch werden. Mit jeweils 62 Punkten sind noch Eltersdorf und der Würzburger FV voraus. Aber beide ließen zuhause am Wochenende jeweils zwei Punkte liegen. Der TSV hat´s also in der eigenen Hand. "Ansonsten haben wir schon 14, 15 Verträge verlängert und werden auch nächste Saison unter den ersten vier, fünf Mannschaften mitspielen", verspricht Francic. Der andere TSV, nun 18 Punkte hinter dem Nachbarrivalen, will "den Kopf nicht in den Sand stecken. Wir ziehen die Lehren daraus", verspricht Gallier-Coach André Betz, der seinem Team nur bezüglich der gefallenen Gegentore etwas vorwerfen wollte. "Ansonsten haben haben wir Charakter gezeigt und alles rausgeholt!"
Spielbericht eingestellt am 22.04.2018 10:55 Uhr