Mehr Spitzenspiel geht nicht. Im verregneten Erlenbacher Waldstadion trafen die beiden besten Teams der Landesliga Nordwest im direkten Duell aufeinander. Es ist das Spiel, in dem die beiden besten Abwehrreihen der Liga aufeinandertrafen - eigentlich kein gutes Vorzeichen für ein Offensivspektakel, zumal die äußeren Bedingungen alles andere als optimal waren. Grau in grau präsentierte sich der Himmel nicht nur über Erlenbach, weshalb ein Großteil der übrigen Partien der Landsliga bereits am Morgen abgesagt werden mussten. So auch die jeweiligen Spiele der ärgsten Verfolger des Spitzenduos, Abtswind und Kitzingen, die somit an diesem Wochenende nicht von einer etwaigen Punkteteilung im Spitzenspiel profitieren konnten. Personell konnte Erlenbachs Trainer Jürgen Baier im Prinzip seine beste Elf ins Rennen schicken. Bis auf den Langzeitverletzten Abwehrchef Alexander Waimert, der laut eigenen Angaben wohl noch etwa zehn Wochen ausfallen wird und Torhüter Eric Hennrich, waren alle Mann an Bord. Schwieriger gestaltete sich die Personalsituation allerdings bei seinem Gegenüber auf der Trainerbank, Manfred Schmitt. Aufgrund von zahlreichen beruflichen Ausfällen und Urlaubern ging der Tabellenzweite personell gebeutelt in die Partie. Top-Torjäger Mario Meth konnte allerdings auflaufen, auf ihn sollten sich die Abwehrbemühungen der Hausherren laut Trainer Baier auch konzentrieren.
Baris Eren, Erlenbacher Linksaußen im Luftkampf.
Georg Meyer
Eben jener Mario Meth war es auch, der für die erste Offensivaktion der Gäste sorgte und den Keeper der Hausherren, Sven Schröer, direkt einmal in Alarmbereitschaft versetzte. Sein strammer Schuss aus halbrechter Position zischte allerdings am langen Torwinkel vorbei (8.). Im weiteren Spielverlauf schafften es die Erlenbacher, sich eine Vielzahl an Eckbällen zu erarbeiten, die allesamt für Gefahr im Sechzehner der Gäste sorgten. In der zehnten Minute landete der Ball dann nach einer von Baris Eren getretenen Ecke plötzlich im Pettstadter Kasten - aber der Schiedsrichter pfiff zum Unverständnis der Erlenbacher Spieler und Fans ab, er ahndete zuvor ein Foulspiel am herauseilenden Torhüter Oliver Ochs. Der SV Erlenbach war in der Folge weiter um Spielkontrolle bemüht, verteidigte sehr offensiv und druckvoll. Den Gästen fiel in dieser frühen Phase des Spiels nicht allzuviel ein, von vereinzelten Steilpässen auf den agilen Meth und Fabio Jentsch abgesehen. Die Hausherren forcierten ihr Spiel über die stets präsenten Außen Sebastian Göbig und Baris Eren. Marius Trippel stach hierbei sowohl als Balleroberer als auch als zuverlässiger Verteiler heraus. In der 25. Spielminute dann die Riesenchance für Fabio Jentsch, der nach schöner Vorarbeit von Kapitän Jochen Kutzelmann und Michael Rausch plötzlich mutterseelenallein vor Schröer auftauchte, den Ball aber letztlich kläglich verzog. Was folgte, war eine Phase, in der die Gäste auf Augenhöhe agierten und mutiger den Weg nach vorne suchten. Auf Seiten der Erlenbacher fehlte trotz höherer Spielanteile und Ballbesitz die letzte Konsequenz im Abschluss, vor allem der überraschend ins Sturmzentrum beorderte Paul Heinrich konnte sich zunächst nicht entscheidend durchsetzen und hing weitestgehend in der Luft. Hoffnung gab es immer wieder durch die Vielzahl an Erlenbacher Eckbällen, bei denen sich die robusten und groß gewachsenen Matthias Rieth und Marius Trippel immer wieder aussichtsreich in Szene setzen konnten - allein der mittlerweile verdiente Ertrag blieb bis dato aus. Kurz vor der Pause zog der starke Sebastian Göbig noch einmal einen Sprint an, setzte sich auf der rechten Seite gegen David Friedrich durch und legte in den Strafraum quer - doch den etwas zu stramm gespielten Ball konnte Paul Heinrich nicht mehr erlaufen (39.). Die Schlussphase der ersten Hälfte war dann noch einmal von ruppigen Szenen geprägt, auf beiden Seiten mussten sich Spieler kurzzeitig behandeln lassen, doch sowohl Deniz Tiryaki als auch Christian Baier konnten weitermachen. So ging es mit dem 0:0 in die Kabinen.
Tino Frauenfelder (hinten) zeigt körperliche Präsenz.
Georg Meyer
Nach der Unterbrechung nahm das Spiel noch weiter an Fahrt auf. Es waren wohl noch nicht einmal alle Zuschauer wieder von der Pausenverpflegung zurückgekehrt, da klingelte es im Pettstadter Kasten. Interimskapitän Matthias Rieth war es, der - natürlich nach einer Ecke - im Strafraumgetümmel entschieden nachsetzte und das Leder über die Linie drückte (50.). Die Erlösung für die mittlerweile hoch überlegenen Hausherren und der Startschuss für furiose 40 Minuten, in denen die Gäste immer wieder mit dem konstant hohen Tempo der Erlenbacher überfordert schienen. Aus einer extrem kompakt stehenden Defensive heraus ließ der SV Erlenbach nun den Ball zirkulieren und kam nun immer öfters überfallartig über Matthias Rieth, Deniz Tiryaki und Marius Trippel ins Angriffsspiel. Die Maßgabe, Mario Meth aus dem Spiel zu nehmen, erwies sich nun als die richtige Taktik, der Goalgetter musste sich immer weiter zurückfallen lassen und sich die Bälle schon weit im Mittelfeld holen. Die Pettstädter machten etwas mehr auf, über den guten Jochen Kutzelmann versuchten sie, auf den Ausgleich zu drängen. Doch bis auf einige Fernschüsse (Friedrich, 61.) und Standardsituationen, kam kaum mehr Gefahr fürs Erlenbacher Gehäuse auf. In der 64. Minute gab es erneut Eckstoß für die Hausherren, und erneut musste Ochs das Leder aus seinem Netz fischen, Paul Heinrich köpfte am kurzen Pfosten unbedrängt ein. Im Prinzip die Vorentscheidung, denn die Kräfteverhältnisse waren nun deutlich zu Gunsten der Heimelf ausgeschlagen. In einer geschlossenen Mannschaftsleistung übten die Erlenbacher immer wieder Druck auf den ballführenden Gegner aus, verteidigten extrem hochstehend und kamen so zu weiteren Chancen. So rannte Baris Eren in der 66. Minute einem scheinbar aussichtslosen Ball noch hinterher und legte überlegt auf den mitgelaufenen Paul Heinrich ab, der allerdings knapp über das Tor schlenzte. Danach verweigerte der Unparteiische einem weiteren Erlenbacher Tor die Anerkennung, als Ochs einen direkten Freistoß von Tino Frauenfelder nach vorne abprallen ließ und der eingewechselte Jens Mehrmann abstaubte - Abseits (72.). Wenig später durfte sich auch Sven Schröer im Tor der Hausherren noch einmal sehenswert auszeichnen, als er einen stramm getretenen Freistoß von Sascha Postler entschärfte (74.). In der Schlussphase warfen die kräftemäßig am Limit agierenden Gäste noch einmal alles nach vorne, es boten sich folgerichtig Räume für Erlenbacher Konter. Einen solchen konnte der für Paul Heinrich eingewechselte Stürmer Islam Seren mit einer schönen Volleyabnahme abschließen - allerdings zu unplatziert. Sebastian Göbig krönte seine erneut bärenstarke Leistung wenig später mit dem Treffer zum 3:0, vorausgegangen war eine schöne Vorlage von Jens Mehrmann (88.). Das Spiel war entschieden, der Jubel war riesig. Und die Zuschauer konnten die Arme direkt in der Luft lassen, nur eine Minute später stocherte der ebenfalls eingewechselte Igor Stapp den Ball - richtig, nach einer Ecke - ins Netz. Der Rest war grenzenloser Jubel.
Nach einer durchweg konzentrierten und engagierten Leistung behaupten die Erlenbacher die Tabellenführung und blicken nun optimistisch in die Zukunft. Ein konsternierter, aber gefasster Gästecoach Manfred Schmitt gab dementsprechend sachlich zu Protokoll, dass die Erlenbacher in dieser Verfassung nicht die richtige Kragenweite für seine Elf darstellen.
Spielbericht eingestellt am 03.11.2012 20:21 Uhr