Dabei hatte Gästecoach Norman Wagner vor der Partie noch so seine Bedenken. Von einer klaren Angelegenheit wollte er beim Duell Tabellenletzter gegen den Dritten der Liga nicht sprechen: "Nach der Winterpause wäre das ein Trugschluss. Kasendorf rechnet sich auf dem tiefen Platz sicher etwas aus." Vielmehr erwartet er daher ein Spiel mit vielen Standards und viel Kampf, wobei auch der Zufall und das Glück eine Rolle spielen würden. Auf die leichte Schulter nahmen die Gäste die Partie nicht. "Ich habe die Mannschaft im Vorfeld noch einmal an das Hinspiel erinnert. Da lag Kasendorf auch lange Zeit vorn", so der FSV-Coach, der neben Tom Jäckel, Karlheinz Wiesenmayer und Chris Kopp zum Rückrundenauftakt auch auf Mario Foth verzichten musste. Im Sturmzentrum begann daher wie erwartet der zuletzt angeschlagene Oliver Seybold und auch Neuzugang Hayri Özdemir stand in der Startelf. Wohl dem, der so einen breiten Kader hat. Da wog der Ausfall von Timo Jahrsdörfer auf der Gegenseite schon schwerer. Mit Michael Fuchs fehlte SSV-Coach Christoph Wächter zudem eine weitere Stammkraft. So rutschte dafür überraschend Florian Hartmann, der seine Einsätze bislang vorwiegend in der Reserve gesammelt hatte, in die Anfangsformation - die Startelfpremiere für den 21-Jährigen. Ersatzkapitän Daniel Grasgruber nahm dagegen erstmals in dieser Saison auf der Bank Platz. Nach zehn sieglosen Partien sehnten sich die Gastgeber regelrecht nach drei Punkten und der damit verbundenen Initialzündung zur Aufholjagd in der Rückrunde. Aufgeben steht für die Elf von SSV-Coach Christoph Wächter jedenfalls nicht zur Debatte. Gezielt hatten die Gastgeber daher in den letzten Wochen auf das Match gegen die Mittelfranken hingearbeitet. Auch wenn das 1:5 im Hinspiel auf den ersten Blick deutlich aussieht, lag der Tabellenachtzehnte bis zur 71. Spielminute in Führung. Das machte Christoph Wächter auch für das Rückspiel Mut.
Tim Basener (weiß) setzt sich gegen SSV-Verteidiger Martin Stübinger durch.
Thomas Nietner
Und tatsächlich sah es lange in der ersten Halbzeit danach aus, als könne der Außenseiter dem Aufstiegsaspiranten wenigstens einen Punkt abringen. Denn die Heimelf ging engagiert zu Werke, stellte die Räume zu, verteidigte geschickt und machte den Gäste so das Leben schwer. Die Brucker rissen zwar das Heft an sich und verlagerten das Spielgeschehen weitgehend in die Hälfte der Gastgeber, in die gefährliche Zone kam der Tabellendritte jedoch nicht. Dafür fehlte den Gästen schlichtweg der Raum und das Tempo. "Wir standen uns da auch ein wenig selbst im Weg", stellte Torjäger Oliver Seybold dabei treffend fest. Oft wählten die Mittelfranken dabei auch den Chipball - gegen die tiefstehenden Hausherren erwies sich dies jedoch nicht als probates Mittel. Schlussmann Christian Schrüfer musste daher nur selten ins Geschehen angreifen. Vieles erledigten seine Vorderleute schon, bevor es überhaupt gefährlich wurde. Vor allem das Innenverteidigerduo Martin Stübinger und Patrick Sudol sowie Sechser Jochen Hollfelder erwiesen sich dabei als kaum zu überspielendes Hindernis. Die Null stand somit. "So haben wir uns das vorgestellt", zeigte sich Christoph Wächter mit dem Spiel seiner Elf zufrieden. 45 Spielminuten durften die Gastgeber auch davon träumen, zumindest einen Punkt mitzunehmen. Bis auf eine Torchance von Timm Raumer, der von der Strafraumgrenze aus nur knapp verzog, hatten die Gäste schließlich nicht viel zu bieten. Ein Geduldsspiel für die Elf von Norman Wagner, der seine Elf im Vorfeld noch gewarnt hatte. Auf dem tiefen Nebenplatz fanden die Gäste aber die richtige Einstellung und verloren nicht die Geduld. Als "Dosenöffner" erwies sich dabei der Treffer von Rafael Hinrichs kurz vor dem Seitenwechsel. Zu einem psychologisch wichtigen Zeitpunkt erzielte der Brucker den Führungstreffer für seine Farben, als der 28-Jährige nach einem Einwurf am langen Pfosten unverhofft an den Ball kam und Christian Schürfer im SSV-Tor mit einem Schuss ins lange Eck keine Abwehrchance ließ. Die Gäste nutzten damit die einzige Unachtsamkeit in der SSV-Abwehr eiskalt aus. Die Taktik der Heimelf war spätestens jetzt dahin. Wenngleich die Hausherren schon nach einer halben Stunde in Unterzahl auskommen mussten und mit einem Unentschieden gut hätten leben können. Die Ampelkarte und der rote Karton für Ersatzspieler Florian Luft erzürnte dabei die Gemüter der einheimischen Zuschauer, die dem Schiedsrichter eine gewisse Einseitigkeit vorwarfen. Auch für Christoph Wächter war die Entscheidung nicht nur hart, sondern auch ein Knackpunkt im Spiel. Die Gäste sahen das logischerweise nüchterner. "So darf man eben nicht reingehen, wenn man schon verwarnt ist. Die Karte kann man daher geben", so FSV-Torjäger Oliver Seybold.
Philipp Schubert schlägt den Ball nach vorne. Da können sich Timm Raumer und Moritz Fischer noch so strecken.
Thomas Nietner
Der Führungstreffer und die Ampelkarte spielten den Gästen im zweiten Durchgang natürlich in die Karten. Anders als im ersten Abschnitt kamen die Simensstädter nun auch zu Torchancen. Schon vor dem zweiten Treffer in der 55. Spielminute hatten die Gäste zwei gute Möglichkeiten. Zudem haderten auch die Mittelfranken zwischenzeitlich mit dem Schiedsrichter, als dieser nicht auf den Elfmeterpunkt zeigte, nachdem Simon Drießlein im Strafraum zu Fall gebracht wurde. Aus einer Flanke heraus resultierte dann der zweite Erlanger Treffer. Und wieder verlor die Kasendorfer Abwehr dabei einen Gästespieler am langen Pfosten aus den Augen. Dieses Mal war es Torjäger Oliver Seybold, der sich vor der Lunz-Flanke entscheidend absetzen konnte. Aus spitzem Winkel sorgte der Angreifer quasi für die Entscheidung. Nun musste Kasendorf mehr riskieren und die Räume öffnen. Das bot den Gästen immer wieder gute Tormöglichkeiten. Alleine vor dem Kasendorfer Tor hätte Oliver Seybold wenig später gleich noch einmal nachlegen können. Doch aus aussichtsreicher Position verzog der Stürmer. Das hätte der dritte Gästetreffer sein müssen. Aber auch so zweifelte zu diesem Zeitpunkt keiner mehr am Sieg der Gäste, die die Partie klar bestimmten und im Griff hatten. Das lag auch daran, dass die Heimelf im Angriff harmlos blieb. Oft war Angreifer Andreas Pistor in vorderster Front auf sich alleine gestellt. Gegen die aufmerksame Gästedeckung stand der Kasendorfer dabei auf verlorenem Posten. Gästekeeper Axel Hofmann verlebte einen weitgehend ruhigen Abend, auch wenn Christoph Wächter von seiner Elf bis zum Ende Vollgas forderte. Die letzte Tormöglichkeit hatte allerdings der eingewechselte Timur Zenginer auf der Gegenseite. Aber auch er scheiterte am aufmerksamen SSV-Keeper Christian Schrüfer. Am verdienten Sieg der Gäste änderte dies jedoch nichts.
Nach vorne ging bei Kasendorf insgesamt zu wenig: Jochen Hollfelder (blau) muss den Angriff abbrechen.
Thomas Nietner
Letztendlich lösten die Brucker die Auswärtsaufgabe beim Tabellenschlusslicht souverän, auch wenn sie sich 45 Spielminuten schwer taten. Nachdem das Kasendorfer Bollwerk jedoch erst einmal geknackt war, nahm die Partie den erwarteten Verlauf. Norman Wagner sprach nach der Partie von einem seriösen Auftritt: "Wir haben dagegen gehalten und die richtige Einstellung zum Spiel gefunden. Beim Tabellenletzten kann man nur schlecht aussehen." Zufrieden war zwar auch Christoph Wächter mit dem Auftritt seiner Elf, jedoch weniger mit dem Ergebnis und den Entscheidungen des Schiedsrichters. Aber auch wenn Kasendorf im elften Anlauf erneut leer ausging, macht die erste Halbzeit dennoch Mut, schon bald wieder zu punkten. Die Art und Weise, wie die Heimelf jedoch um den Lohn gebracht wurde, erzürnte die Gastgeber allerdings besonders. Gegen Schwabach dürfte es in der kommenden Woche aber nicht leichter werden. Die Brucker müssen dagegen am nächsten Spieltag erneut auf Reisen gehen. In Pegnitz ist die Wagner-Elf, die durch den Dreier auf Platz zwei kletterte, allerdings wieder in der Favoritenrolle.
Spielbericht eingestellt am 25.02.2017 21:07 Uhr