Artikel vom 13.12.2024 06:00 Uhr
MIT VIDEO Der Ball liegt. Ein kurzer Blick genügt. Frank
Salwiczek-Merletti nimmt Anlauf und zieht ab. Aus der eigenen Hälfte fliegt das
Leder in hohem Bogen über das Feld. Über den gegnerischen Keeper. Ins Tor. Ein
Geniestreich aus mehr als 50 Metern Entfernung, für den der Kreisklassen-Kicker
nun sogar vom BFV für den „Bayern-Treffer des Monats“ November nominiert wurde.
Tore hat Frank Salwiczek-Merletti schon viele geschossen.
Mit drei Jahren begann der mittlerweile 38-Jährige dem Ball nachzujagen. Mit
dem TSV Unterpleichfeld stieß der gelernte Offensivspieler bis in die
Landesliga vor. Als bisheriges Karriere-Highlight bezeichnet Salwiczek-Merletti
die Teilnahme an der Süddeutschen Futsal-Meisterschaft 2014. Dieser Erfolgsmomente
könnte nach zehnjährigem Bestehen bald von der Spitze der persönlichen
Top-Momente verdrängt werden. Mitte November – ausgerechnet im Derby gegen
Kürnachs Zweitvertretung – packte Salwiczek-Merletti nach einer knappen
Viertelstunde den Hammer aus. Und traf aus der eigenen Hälfte.
Nach einem Handspiel eines SVK-Angreifers bekam die SG Burggrumbach/Erbshausen-Sulzwiesen/Hausen/Unterpleichfeld
2 in der 14. Spielminute nahe des Mittelkreises einen Freistoß zugesprochen. Den
wollte zunächst Salwiczek-Merlettis Innenverteidiger-Kollege Tim Wenemoser
ausführen. Doch der unerfahrene Jungspund wurde kurzerhand vom Routinier, der
selbst Maß nahm, wegkommandiert. Der Rest ist schnell erzählt: Über Freund und
Feind hinweg landete die Kugel in den Maschen. „Dass er reinfliegt und gefilmt
wird, ist schon witzig“, kann der Torschütze seinen Sahne-Moment rund einen Monat
später immer noch nicht recht begreifen.
Seit 35 Jahren aktiv am Ball
„Mir ist in den ersten Minuten schon aufgefallen, dass der
gegnerische Torhüter weit vor dem Tor steht. Als der Ball den Fuß verlassen hat,
habe ich schon gesehen, dass er echt gut kommt“, sagt der Unterpleichfelder
über seinen Geniestreich. Ein unvergesslicher Einschlag, wie er Salwiczek-Merletti
nie zuvor gelang. Und der immer weitere Kreise zieht. Inzwischen ist der Geistesblitz
des Rechtsfußes einer von sechs Vorschlägen, die der Bayerische Fußballverband
in seiner Abstimmung „Bayern-Treffer des Monats“ für den November ausgewählt
hat. „Man wird darauf angesprochen. Es ist täglich ein Thema“, kann Salwiczek-Merletti
dem Hype um sein Tor kaum entkommen.
Sollte er sich gegen die Konkurrenz durchsetzen – die Abstimmung
läuft bis Montag, den 16. Dezember um 15 Uhr – hätte der Führungstreffer im
Lokalduell einen besonderen Platz in der Vita des zum Verteidiger
umfunktionierten Offensivgeistes. „Mit bald 39 ist das der Wahnsinn, das wäre
das absolute Highlight“, sieht Salwiczek-Merletti dann im nahenden Winter
seiner Karriere einen neuen persönlichen Höhepunkt erreicht – auch wenn das
Traumtor die spätere 1:4-Niederlage nicht verhinderte.
Frank Salwiczek-Merletti (r.) bejubelte nach 24 Monaten Durststrecke wieder einen eigenen Treffer - und was für einen.
Alexander Rausch
Erstes Ligator seit über zwei Jahren
Nach einer schweren Saison 23/24, in der die SG dem Abgang
in die A-Klasse nur knapp entkommen ist, heißt der Alltag für die vom ehemaligen
Bayernliga-Spieler Dominik Hochrein trainierte Fusionstruppe erneut beinharter Abstiegskampf.
Dabei spielten Salwiczek-Merletti und Co. vor zwei Jahren, als der Aushilfs-Innenverteidiger
nach einer Innenbandverletzung wieder einstieg, noch um einen Platz in der
Kreisliga. „Da hat viel funktioniert. Wir tun uns diese Saison stellenweise
sehr schwer. Leistungsträger sind weggefallen. Das merkt man“, führt der
Defensivanker den zwischenzeitlich fehlenden Kapitän Marius Schneider als
Musterbeispiel für die personelle Misere an.
Allerdings steht das Vierer-Bündnis keineswegs vor einer
ungewissen Zukunft. „Trotz der nicht so guten Tabellensituation integrieren wir
viele junge Spieler. Wir hoffen auf eine gute Rückrunde.“ Saisonziel bleibe
weiterhin der Klassenhalt, „und wenn über die Relegation. Dann müssen wir uns
durchkämpfen.“ Glauben daran schöpft Salwiczek-Merletti auch aus der Ausgeglichenheit
der Liga, die habe der jüngste Sieg Estenfelds in Rimpar unterstrichen. Vieles
ist also noch möglich. Und wer zauberhafte Tore aus der eigenen Hälfte schießt,
für den ist wenig unmöglich.